Johan Adam Delsenbach – Das Stadtmuseum Fembohaus widmet dem fränkischen Kupferstecher der Barockzeit eine eigene Ausstellung, die noch bis zum 4. Oktober 2015 besucht werden kann.
Johann Adam Delsenbach – Ein Chronist des barocken Nürnberg im Stadtmuseum Fembohaus

Johann Adam Delsenbach. Ein Chronist des barocken Nürnberg im Stadtmuseum Fembohaus, © Fembohaus, Dr. Birgit Rauschert, Kuratorin der Ausstellung
Im wörtlichen Sinne „unter die Lupe“ nimmt die Ausstellung „Johann Adam Delsenbach. Chronist des barocken Nürnberg“, die derzeit im Fembohaus unweit der Nürnberger Kaiserburg läuft, Kupferstiche aus der Zeit des Barock.
Die Besucher erhalten an der Kasse eine Leih-Lupe, mit deren Hilfe sie die Besonderheiten der Blätter erst richtig würdigen können.
Initiiert wurde diese Präsentation, durch Dr. Werner Schultheiß. Er regte die Leiterin des Fembohauses, Brigitte Korn, an den Kupferstecher Johann Adam Delsenbach wieder einmal in Erinnerung zu bringen.
Schließlich liegt die letzte Delsenbach-Ausstellung bereits mehr als 50 Jahre zurück.
Nürnberger Prospekte 1715 – 1728

Johann Adam Delsenbach: Himmelstor, Johann Adam Delsenbach. Ein Chronist des barocken Nürnberg im Stadtmuseum Fembohaus, © Fembohaus, Dr. Birgit Rauschert, Kuratorin der Ausstellung
In drei Serien liegen die „Nürnberger Propekte“, die Delsenbach zwischen 1715 und 1728 schuf, vor. Eine Auswahl daraus, 44 Blätter, werden nun der Öffentlichkeit vorgestellt.
Äußerer Anlass ist die Tatsache, dass die erste Folge vor genau 300 Jahren, im Jahre 1715 erstmals öffentlich erschien. Das 300-jährige Jubiläum fällt zusammen mit dem Todesjahr des Künstlers, der 1765 – also vor 250 Jahren – in Nürnberg verstarb.
Nur noch wenig beachtet wird auch sein auf dem Johannisfriedhof liegendes Grab (Nr. 512), obwohl es ganz in der Nähe des Promi-Grabes Nr. 1, dem Dürer-Grab, liegt.
So will die kleine, aber gediegene Sonderausstellung auf einen der vielen, heute nahezu vergessen Meister der ehemaligen Reichsstadt Nürnberg aufmerksam machen.
Keine andere Stadt Deutschlands wurde mit einer solchen Menge von Ansichten gewürdigt wie Nürnberg.
Insgesamt sind es 114 Blätter, die als „Prospekte“, d.h. Ansichten, die Schönheit der Stadt vor Augen führen. Man denkt dabei an Canaletto, der ebenfalls seine Heimatstadt Venedig auf diese Weise ein Denkmal setzte.
Johann Adam Delsenbach, der nicht nur Künstler war, sondern als tüchtiger Geschäftsmann auch für den Vertrieb seiner Blätter sorgte, verkaufte diese bereits damals an Reisende, die auf ihrer Tour durch Europa auch die Stadt des großen Albrecht Dürers besuchten.
Und tatsächlich:
Auch auf der Delsenbachs Darstellung des Tiergärtnertorplatzes ist das Dürer-Haus bereits bezeichnet!
Unter den Prospekten stehen übrigens stets die Ortsbezeichnungen sowohl in deutscher wie in französischer Sprache.
Mit seinen Bildnissen von Nürnberg als lebendiger, ja vor Menschen geradezu wimmelnder, gleichwohl idyllischer Stadt, wurde er zum Vorläufer jener Maler, die Nürnberg als Ort der deutschen Romantik und „des Reiches Schatzkästlein“ huldigten.
Auf zwei Etagen des Stadtmuseums werden Delsenbachs Nürnberg-Veduten präsentiert. Das Foyer in der Belletage zeigt ein Selbstbildnis, das er im Alter von 28 Jahren von sich schuf. Im Stil der Zeit trug er eine weiße Lockenperücke.
Das nahezu weiblich wirkende Erscheinungsbild wird durch einen elegant um die Schultern geschlungenen Mantel unterstrichen. – Kein Zweifel, ein „Mann von Welt“!
Johann Adam Delsenbach – Leben

Johann Adam Delsenbach. Ein Chronist des barocken Nürnberg im Stadtmuseum Fembohaus, © Fembohaus, Dr. Birgit Rauschert, Kuratorin der Ausstellung
1687 in Nürnberg als Sohn eines Geleitreiters, der die Warenzüge zwischen Nürnberg und Leipzig bewachte, geboren, wurde er frühzeitig in die Lehre zum Kupferstecher Augustin Fleischmann geschickt.
Nach den obligatorischen Lehrjahren folgte die akademische Ausbildung an der berühmten Nürnberger Maler-Akademie, der 1662 von Joachim von Sandrart gegründeten Institution, die die erste ihrer Art in ganz Deutschland war.
Auf Empfehlungen hin trat der etwa 20-jährige in den Dienst des Herzogs Johann August von Weißenburg-Sachsen.
Delsenbach ging nach Leipzig und verdiente sich hier die ersten Sporen als Profi-Grafiker. Doch verstarb der Herzog 1712.
Es folgten einige Reisen nach Berlin, Dresden und Prag. Erst in Wien wurde er wieder als Kupferstecher gebraucht: Sein oberster Auftraggeber war nun kein Geringerer als der Kaiser!
Wiener Jahre und Nürnberg
Die Wiener Jahre unter der Ägide des Oberlandbaumeisters Johann Bernhard Fischer von Erlach müssen aufregend gewesen sein.
Erstmals durfte er nach dessen Vorlagen ein Buch mit gestalten, das auf 80 Kupferstichen die Architekturen der Weltgeschichte vorstellen sollte.
Johann Bernhard Fischer von Erlach arbeitete 16 Jahre daran, dieses ehrgeizige Kompendium herzustellen, von dem eine englische Ausgabe ebenfalls in der Ausstellung zu sehen ist. Unter einigen dieser Blätter steht der Name „Delsenbach fecit“.
Doch 1713 kehrt Delsenbach erneut in seine Heimatstadt Nürnberg zurück, denn in Wien wütet die Pest.
Nun erst wird er zum eigenständigen Künstler. Erste eigene Entwürfe entstehen, die ebenfalls von ihm selbst in die grafische Reproduktionstechnik des Kupferstichs übertragen werden. Und er wird zum Verleger, der auch vom Verkauf seiner Grafiken lebt.
So entstanden die ersten „Nürnberger Prospekte“, die sofort zum Erfolg bei Privatleuten und Sammlern, vorwiegend aus den gebildeten und/oder patrizischen Schichten der Stadt, wurden.

Johann Adam Delsenbach: Nürnbergischer Prospect von St. Sebald an, gegen die güldne Gans, 1716. Bildnachweis: Theo Noll
Nochmals kehrte Delsenbach für einige Jahre nach Wien (1718-1721) zurück. Doch schließlich nahm er seinen endgültigen Wohnsitz in Nürnberg. Am Inneren Laufer Torturm stand das Haus, in dem er offenbar seine Bildnisse auch druckte und verkaufte.
Seine erste Heirat erfolgte 1724 mit der Wirtstochter Maria Magdalena Bittelmair, – zwei weitere sollten folgen.
Von seinem Privatleben ist nur wenig bekannt, doch muss der Künstler über ein weit reichendes Beziehungsnetz verfügt haben.
1723 gelangt aus Wien der berühmte Portraitmaler Johann Kupetzky ebenfalls hierher, der als Protestant in der katholischen Donaumonarchie verfolgt wurde.
Nur wenige Schritte entfernt, am Paniersplatz, lag dessen Atelier im Hause des Malers Georg Blendinger. Sicher kannten sich die beiden vom Wiener Hofe her.
Nun erhalten beide Aufträge aus den Kreisen des Nürnberger Patriziats, das sich von Kupetzky portraitieren, von Delsenbach seine Schlösser verewigen lässt.
Sozialer Aufstieg

Johann Adam Delsenbach. Ein Chronist des barocken Nürnberg im Stadtmuseum Fembohaus, © Fembohaus, Dr. Birgit Rauschert, Kuratorin der Ausstellung
Delsenbach gelingt – nicht zuletzt durch seine beiden weiteren Heiraten – der soziale Aufstieg. 1733 wird er als Genannter in den Großen Rat der Stadt Nürnberg aufgenommen.
Im gleichen Jahr tritt er eine große Reise in die Niederlande an, zu dem er von einem Minister und Gesandten der niederländischen Botschaft eingeladen wird.
Auf der großen Reise gerät er in einen dramatischen Seesturm, den er – nach überstandenem Abenteuer – ebenfalls im Kupferstich verewigt. Es handelt sich um eines seiner virtuosesten Blätter.
Doch ist jedes seiner Werke meisterhaft in Komposition und Ausführung. Genau bis ins Details sowohl in der Wiedergabe der Architektur wie der Nebenszenen, der Dramaturgie des Lichts wie der Auswahl des Standorts.
Dabei kommt die Schilderung des Alltags keineswegs zu kurz:
Hier darf sich das Volksleben tummeln. Der Diener belästigt die Magd, der kleine Bub bettelt um ein Almosen, die Hökerin wandert mit ihren Körben zum Markt und natürlich treten auch die Patrizier auf.
Gekleidet à la mode, ausgestattet mit Krinoline und Sonnenschirm flanieren sie über Straßen, Plätze und Brücken, fahren in Kutschen vor oder lassen sich gar in Sänften übers holprige Kopfsteinpflaster tragen.
Landschaften und Panoramen
In den letzten Lebensjahren wird Delsenbach schließlich Teil jenes höfischen Lebens. Vorwiegend dokumentiert er nun die Herrensitze des Patriziats im so genannten „Altnürnberger Land“.
Weite Landschaften und Panoramen entstehen, in die die schlossähnlichen Herrenhäuser jener Zeit eingebettet sind. Am Rande erscheint er bisweilen selbst – etwa als Teilnehmer eines Picknicks.
Der Künstler als Beobachter und Akteur einer Gesellschaft, die – bei allen Unterschieden – der unsrigen doch bisweilen sehr nahe zu sein scheint.
Die Sonderausstellung anlässlich des Doppeljubliäums wurde von den Museen der Stadt Nürnberg und dem Förderverein Kulturhistorisches Museum e.V. ausgerichtet.
Erstmals kooperieren die Museen der Stadt mit dem 2009 gegründeten, gemeinnützigen Verein.
Text: Dr. Birgit Rauschert, Kuratorin der Ausstellung
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Stadtmuseum Fembohaus – Besucherinformationen
- Ausstellungsdauer: 21. Mai bis 12. Juli 2015
- Ort: Stadtmuseum Fembohaus, Burgstraße 15, 90403 Nürnberg
- Tel. Kasse: +49 (0)911 231 – 25 95
- Öffnungszeiten: Dienstag bis Freitag 10 – 17 Uhr; Samstag + Sonntag 10 – 18 Uhr
- Die Kuratorin der Ausstellung, Dr. Birgit Rauschert, führt jeden Sonntag, 11 Uhr.
- Webseite des Stadtmuseum Fembohaus
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