Das Plärrer-Hochhaus gehört zu den wichtigsten Bauwerken der 1950er Jahre in Bayern. Es war mit seinen 56 m Höhe das größte Gebäude des Freistaats und das erste Hochhaus Nürnbergs.

Noch heute dominiert das Plärrer-Hochhaus architektonisch den Nürnberger Verkehrsknotenpunkt.
Es gilt als Symbol des Wiederaufbaus der Stadt Nürnberg und wurde 1988 unter Denkmalschutz gestellt. Bis heute ist das Plärrer-Hochhaus das Geschäfts- und Werkstättengebäude der Städtischen Werke Nürnberg.
Plärrer-Hochhaus – Geschichte und Kunst eines architektonischen Wahrzeichen der 1950er Jahre
Aus kunsthistorischer Sicht ist das Plärrer-Hochhaus aufgrund seiner Architektur und seiner teilweise erhaltenen Innenausstattung bedeutend.
Daten und Fakten des Plärrer-Hochhauses im Überblick
- Bauherr: Städtische Werke Nürnberg
- Baufirma: Wayss & Freytag AG
- Architekt: Wilhelm Schlegtendal (1906-1996)
- Bauzeit: März 1952 bis Oktober 1953
- Richtfest: 10. Dezember 1952
- Maße: 56 m hoch, 21 m lang, 34 m breit; Grundfläche: 714 m²
- Material: 450 Tonnen Stahl, 5500 Kubikmeter Beton
- 15 Stockwerke
- 1200 Fenster
- Baukosten: 9,5 Millionen DM
- 1988 unter Denkmalschutz gestellt
Der Bau des Plärrer-Hochhauses
In der Nachkriegszeit beherrschte ein Konzept den Wiederaufbau der Nürnberger Innenstadt, das das zerstörte Stadtbild im historischen Glanz des Mittelalters neu erstrahlen lassen sollte.
Am Plärrer hingegen entschied man sich 1951 in zeitgenössischen Formen zu bauen und so einen zeittypischen Gegenpol zur historischen Altstadt zu schaffen. Der Plärrer sollte einen “Wolkenkratzer” bekommen, wie die Nürnberger Nachrichten titelten.
Der Architekt und Nürnberger Stadtbaurrat Wilhelm Schlegtendal entwarf ein 56 m hohes Bürogebäude für die Städtischen Werke Nürnberg.
Da die Geschäftsgebäude der Stadtwerke in der Blumenstraße 16 während der verheerenden Luftangriffe am 2. Januar 1945 beschädigt worden waren, entschied sich die Stadt für einen monumentalen Neubau am Plärrer gegenüber dem Spittlertor.
Der Baukomplex sollte jedoch nicht nur aus dem Hochhaus bestehen. An der Fürther Straße wurde zudem ein 100 m langer Mittelteil mit vier Geschossen geplant, der das Plärrer-Hochhaus mit einem westlich gelegenen Gebäudeteil verbinden sollte.
Architektonische Merkmale des Plärrer-Hochhauses
Nach einer Planungsphase wurde im Februar 1952 mit den Bauarbeiten begonnen. Um eine schnelle und somit kostengünstige Bauweise zu garantieren, entschied man sich die 15 Geschosse als Stahlbetonskelettbau zu errichten.
Dabei wurde der Rohbau des Hochhauses aus tragenden Stahlbetonstützen und horizontalen Stahlbetonträgern zügig errichtet. So entstand wie bei einem menschlichen Skelett eine tragende Struktur, die im Anschluss mit Fenstern geschlossen wurde.
Insgesamt 1200 Fenstern tragen zum gleichförmigen und ruhigen Eindruck der Fassade des Plärrer-Hochhauses bei. Effizient war die Vorgehensweise der Bauleute: Während die Stahlbetonträger eines Stockwerks geschaffen wurden, konnte bereits im darunter gelegenen Geschoss mit dem Einsetzen der Fenster und dem Innenausbau begonnen werden.
Um eine bessere Sichtbarkeit vom Plärrer auf die Fassade des Hochhauses zu erzielen, wurde das Gebäude nicht parallel zur Fürther Straße gebaut, sondern um 5 cm gedreht.
Ab dem 5. Geschoss verjüngt sich die Fassade des Plärrer-Hochhauses bis zum obersten Stockwerk um insgesamt 10 cm, was dem Gebäude optisch eine schlankere Linie verleiht.
Für das 15. Geschoss entwarf Schlegtendal einen dreiseitig verglasten Raum, der als sog. Teestube einen hervorragenden Blick über die Dächer Nürnbergs vermittelte. Bekrönt wurde das Plärrer-Hochhaus mit einem 15 m hohen Sendemast für UKW-Funk, dessen Reichweite 40 km betrug und der bei Nacht beleuchtet wurde.
Der Architekt Wilhelm Schlegtendal beschrieb sein Bauwerk mit folgenden Worten:
Wie ein klarer Kristall ragt das Hochhaus der Städtischen Werke aus der zerklüfteten, vielgestaltigen Umgebung des Plärrers heraus. Trotz seiner gewollt einfachen Grundhaltung im Äußern und Innern wirkt der Bau durch die Präzision der Ausführung, die wohldurchdachte Auswahl aller Materialien, durch richtig verteilte künstlerische Arbeiten, interessante Möbel und schönen Pflanzenschmuck überraschend lebendig.
Für viele Nürnberger mag dieser hohe, fast ungegliederte Klotz, dem man seine innere Zweckmäßigkeit und lebendige Ausgestaltung nicht ansieht, zunächst sehr befremdlich im Stadtbild sein, steht er doch ziemlich verquer und überdimensioniert an der jetzt noch unklaren Abgrenzung des Platzes. Sowohl der Plärrer als auch die fünf Kilometer lange Fürther Straße brauchen aber ein solches Bauwerk als beherrschenden Abschluss.
Das Hochhaus ist gleichsam ein optisches Signal, das dem Fahrer, der vom Westen in das Weichbild unserer Stadt gelangt, die Nähe der mauerumwehrten Altstadt ankündigt. Sobald der Plärrer seine endgültige Gestaltung gefunden haben und mit weiteren neuzeitlichen Geschäftshäusern bebaut sein wird, dürfte das Hochhaus nicht mehr wegzudenken sein.“ (Quelle: Städtische Werke Nürnberg)
Die Innenausstattung der 1950er Jahre
Neben der Funktion als Büroturm der Städtischen Werke, sollte das neue Prachtstück der Nürnberger Architekturlandschaft zudem für repräsentative Zwecke der Stadt verwendet werden.
So wurde im Sommer 1960 das thailändische Königspaar von Bundespräsident Heinrich Lübke und Oberbürgermeister Andreas Urschlächter in der Teestube auf dem Dach des Plärrer-Hochhauses empfangen.
Das Innere des Hochhauses wurde mit Kunstwerken und Designelementen der 1950er Jahre ausgestattet. Man designte Möbel, Türklinken, Tapeten und Vorhänge extra für den Neubau.
Die originalen Ausstattungselemente haben sich bis heute teilweise im gesamte Gebäude erhalten. Ein großer Verlust war jedoch die den Brandschutzrichtlinien geschuldete Verdrängung des Paternosters durch einen modernen Aufzug.
Das zweigeschossige Foyer lädt durch seine Glasbaufassade zum Eintreten ein. Die Treppe mit ihrem feingliedrigen Geländer und der gewagten Biegung sowie der Goldfischteich mit Fontäne gehören zur originalen Ausstattung.
Der heutige rot-weiße Boden entspricht dem Erscheinungsbild der 1950er Jahre.
Im Verbindungsgang zum Speisesaal im dritten Geschoss befand sich ein Pflanzenbeet mit Kakteen, das gerne “dornenreiche Beamtenlaufbahn” genannt wurde. Erhalten haben sich die Mosaiken mit Jagdszenen aus Solnhofer Plattenkalk an der Wand.
Ebenfalls erhalten sind die Bodenplatten und das Beet, jedoch ohne Kakteen. Auch die Lampen, die die Kakteen beleuchteten fehlen heute. Die Ostwand des Speisesaals schmückt die Wandskulptur Adam und Eva im Paradies. Dieses biblische Thema verwundert in einem Speisesaal.
Der Professor für Wandmalerei und Komposition der Akademie der Bildenden Künste Otto Michael Schmitt (1904-1992; Direktor der AdBK Nürnberg von 1957-1969) entwarf einen Gobelin für das 14. Geschoss. Auf dem etwa neun Meter langen Wandteppich umringen die vier Elemente Wasser, Luft, Erde und Feuer das Plärrer-Hochhaus und andere Nürnberger Gebäude. Der Teppich wurde in der inzwischen geschlossenen Gobelinmanufaktur der Akademie der Bildenden Künste Nürnberg gewebt.
Einen Konferenzraum schmückt die Ansicht Nürnbergs, nach dem Vorbild der Nürnberg-Darstellung in der Schedelschen Weltchronik. Der Künstler Kurt Busch fertigte das Wandbild in dunkelbraunem Gips in der Sgraffitotechnik an. Erwähnenswert ist zudem ein Wandgemälde des Künstlers Jobst Kuch, das die Wasserversorgung Nürnbergs zum Thema hat.
Bedeutung des Plärrer-Hochhauses für die Stadt Nürnberg
Als mit der Errichtung des Plärrer-Hochhauses begonnen wurde, war der Nürnberger Plärrer in großen Teilen ein Trümmerfeld.
Der alte Plärrer-Automat büßte Partien während der Luftangriffe des Zweiten Weltkriegs ein und viele weitere Gebäude am Plärrer wurden zerstört.
An diesem Ort, dem Verkehrsknotenpunkt Nürnbergs unmittelbar vor der mittelalterlichen Stadt, ein Gebäude in zeitgenössischer Bauweise und Funktionalität mit über 15 Stockwerken zu errichten, war für die Stadt Nürnberg und seine Bürger ein wichtiger Schritt in der Bewältigung der Kriegsschäden. Das Plärrer-Hochhaus wurde zum Symbol für Aufschwung und Wohlstand.
Das Plärrer-Hochhaus ging in die Architekturgeschichte als höchstes Gebäude Bayerns ein und wurde 1988 als klassischer Bau der fünfziger Jahre unter Denkmalschutz gestellt.
Literatur
- Katrin Kasparek: 50 Jahre Plärrerhochhaus. Ausstellung im Plärrerhochhaus vom 6. bis 31. Oktober 2003, Nürnberg 2003.
- Christian Koch: Lex. Art. Plärrer-Hochhaus, in: Michael Diefenbacher und Rudolf Endres (Hrsgg.): Stadtlexikon Nürnberg, Nürnberg 2000, S. 829