Der Tugendbrunnen am Lorenzer Platz ist ein herausragendes Beispiel der Nürnberger Bronzegußtechnik und zählt zu den schönsten Brunnen der Stadt Nürnberg.
Der Tugendbrunnen am Laurenzer Platz in Nürnberg
- Auftraggeber: Rat der Stadt Nürnberg
- Handwerkliche Ausführung: Benedikt Wurzelbauer (1548 – 1620)
- Datierung: 1584-89
- Epoche: Spätrenaissance
- Material: Bronze und Sandstein
- Inschrift: SOLI DEO / GLORIA ; BENEDICT / WVRCZLPAVR ; ANNO DOMINI / M.D.LXXXIX.
Der Tugendbrunnen steht nördlich der West-Fassade von St. Lorenz in Nürnberg. Das Brunnenbecken hat einen oktogonalen Grundriss und steht zwei Stufen über dem Bodenniveau des Lorenzer Platzes.
Das Becken ist aus Sandstein gefertigt und weist Eckvorlangen auf, die jedoch im 19. Jahrhundert erneuert worden sind. Zwischen den Eckpostamenten des Brunnenbeckens sind acht Gitterfelder eingelassen.
Inmitten des Brunnenbeckens ragt eine bronzene Brunnensäule empor. Sie ist das Kernstück des Tugendbrunnens und trägt drei sich verjüngende, tellerhafte Schalen, die als Basen des bronzenen Figurenprogramms dienen.
Auf dem Säulensockel prangen zwischen Engelsköpfen, Muschelornamentik, Blumengrilanden und grotesken Fratzen der Name des Rotgießers Benedikt Wurzelbauer und die Jahreszahl der Entstehung 1589.
Inschrift am Tugendbrunnen: SOLI DEO / GLORIA ; BENEDICT / WVRCZLPAVR ; ANNO DOMINI / M.D.LXXXIX.
Auf der untersten Schale des Brunnens stehen sechs Allegorien. Die Allegorien verkörpern die drei theologischen Tugenden und drei Kardinaltugenden. Sie sind durch die beigegebenen Attribute identifizierbar.
Theologische Tugenden des Tungendbrunnen
- Glaube mit Kreuz und Kelch (lat. fides)
- Liebe mit zwei Kindern (lat. caritas)
- Hoffnung mit dem Anker (lat. spes)
Weltliche Tugenden des Tugendbrunnens
- Tapferkeit mit einem Löwen (lat. fortitudo)
- Mäßigung mit einem Krug (lat. temperantia)
- Geduld mit einem Lamm (ersetzt die gängigere Tugend der Klugheit, lat. Prudentia)
Die siebte Tugend ist die Gerechtigkeit (lat. Justitia). Sie steht mit verbundenen Augen, Schwert und Waage oben auf der Brunnensäule. Als Symbol der Wachsamkeit ist ihr der Kranich (lat. Custodia oder Vigilantia) beigestellt worden.
Zwischen den sechs Tugenden und der Gerechtigkeit ist auf Höhe der Mitte der Säule eine Plattform angebracht, die weitere Bronzeskulpturen trägt. Hier haben sich sechs Putten eingefunden, die Nürnberger Wappen halten und Posaunen blasen.
Das Wasser strömt an mehreren Stellen aus dem Brunnen hervor und bildet so einen Wasservorhang um die bronzenen Skulpturen des Benedikt Wurzelbauers.
Aus den Rohren im Sockel und aus den Posaunen der Putten, den Gefäßen der Allegorien sowie den Brüsten der weiblichen Gestalten sprudeln feine Wasserstrahlen in das Brunnenbecken.
Städtebauliche Aspekte des Tugendbrunnens
Der Tugendbrunnen begrenzt den Lorenzer Platz räumlich gegen die Königsstraße hin. Ursprünglich war der Tugendbrunnen von zwei freistehenden Brunnenhäuschen umgeben, die die Entnahme von Brauchwasser vereinfachten.
Eine eigens geschaffene Wasserleitung aus Holz- und Bleiröhren, die vom Blausternwerk her verlegt wurde, war nötig, um den Tugendbrunnen mit Wasser zu versorgen.
Das Blausternwerk war ein Wasserturm mit Pumpwerk am Sterntor, wo der heute nicht mehr existierende Fischbach in die Stadt einfloss. Das benachbarte Wirtshaus zum blauen Stern war namensgebend für das Pumpwerk.
Das Pumpwerk hatte die Aufgabe, den nötigen Wasserdruck für den Springbrunnen an der Lorenzkirche zu erzeugen und außerdem weitere, auch private Brunnen mit Wasser zu versorgen.
Quellen
- Georg Stolz: Tugendbrunnen, in: Michael Diefenbach / Rudolf Enders (Hgg.): Stadtlexikon Nürnberg, Nürnberg 2000, S. 1094
- Günther Fehring / Anton Ress: Bayerische Kunstdenkmale. Die Stadt Nürnberg, Kurzinventar, unveränderter Nachdruck, München 1982, S. 262-263.