Kunst als Möglichkeit, Ausweg und Alternative.
Vom 6. – 10. Juni präsentiert uns ARENA… der jungen Künste wieder einmal internationale Produktionen aus Theater, Tanz und Performance.
28 Jahre ist es her, dass sich Erlanger Studierende der Theaterwissenschaft zusammenschlossen und den Verein „ARENA Internationaler Theaterstudenten und -studentinnen e.V.“ gründeten. Seit jeher zeigt sich das Festival, das ehrenamtlich von Studierenden der FAU organisiert wird, als Plattform für junge Theaterschaffende und Performancekünstler*innen aus der ganzen Welt. Zu sehen sind interdisziplinäre und experimentelle Produktionen aus der freien Szene.
Zum Thema „404 – NOT FOUND“ sind zehn Künstler*innengruppen aus Polen, den USA, Kanada, Belgien, Griechenland und Deutschland eingeladen und zeigen vom 6. – 10. Juni an verschiedenen Orten in Erlangen ihre Arbeiten zum Probieren und Scheitern. Darunter auch die Koproduktion, bei der die Gruppe SÄCHSISCHE SCHWEIZ kollektiv, Preisträger des Koproduktionspreises des letzten Jahres, zusammen mit Studierenden der FAU die gemeinsame Produktion Das Spaßmotiv präsentiert. Die diesjährige Jury, die über den Jurypreis entscheidet, wird besetzt von der Dramaturgin Katja Prussas, dem Tänzer und Choreographen David Bloom und dem Theaterwissenschaftler und Regisseur Levin Handschuh. Kooperationen gibt es dieses Jahr mit dem Zeitzeug_Festival aus Bochum und der Campusmedien-Gruppe funklust.
Die ARENA-Teammitglieder Franziska Stiefel und Nicola Reißer, zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit, sprachen mit Kunstnürnberg am Tag der Eröffnung des Festivals über das Programm, interne Strukturen und über die Kunst und das Scheitern.
kunstnürnberg: Das diesjährige ARENA-Festival steht unter dem Motto „404 – NOT FOUND“. Eine Fehlermeldung, die anzeigt, dass eine Internetseite nicht gefunden werden konnte. Kunst soll, eurem Programm zu Folge, hier als Ausweg oder Alternative dienen, wenn es auf dem üblichen Weg nicht weiterzugehen scheint. Wieso bieten sich künstlerische Formen dafür an?
Nicola Reißer: Ich glaube, dass es sehr individuell ist, was man aus dem Scheitern macht. Man kann künstlerisch oder rational damit umgehen. Jede*r findet so seinen Weg. Gerade im Bereich der performativen Künste bieten sich dafür körperlich-emotionale Strategien als Umgang an.
Franziska Stiefel: Kreativität und Kunst hat auf jeden Fall immer die Möglichkeit die Norm zu brechen, das kann immer einen anderen Weg gehen. Man kann scheitern und denken, man hat jetzt was falsch gemacht, einen Fehler begangen. Dabei kommt es ja nur auf die Betrachtung an. Mit der Kunst kann man das brechen, weil es eben eine Form der Suche nach einem anderen Weg sein kann. Man ist vielleicht einfach nur einen kleinen Umweg gegangen und gar nicht in einer Sackgasse gelandet. Dadurch hat man im besten Fall ja auch vielmehr Erfahrung gesammelt, als wenn man den kürzeren Weg gegangen wäre.

kunstnürnberg: Wie seid ihr bei der Auswahl für das diesjährige Programm vorgegangen? Wer wird zum Festival eingeladen?
Franziska Stiefel: Bei uns ist es meistens so, dass die Künstler*innen sich bei uns mit einer Produktion bewerben. Generell wollen wir natürlich ein Programm haben, das sehr vielfältig ist und verschiedene Disziplinen und Interessen abdeckt. Dann fragen wir uns, wie die Produktion zum Motto passen könnten. Diese Frage stellen wir auch gerne den Künstler*innen und überlassen es auch gerne ihnen, zu erklären, was sie mit dem Motto verbindet und wie sie sich damit auseinandergesetzt haben. Bei den Talk-Arts, die auch immer Bestandteil des Programms sind, gibt es die Möglichkeit, im Gespräch mit den Künstler*innen mehr über das Projekt zu erfahren, bei dem sich auch das Publikum beteiligen kann.
kunstnürnberg: In eurem Programmtext heißt es: „Kunst dient als Möglichkeit, neue Wege zu entdecken und einzuschlagen. Da, wo es uns unmöglich ist, weiter zu kommen. Sackgassen zu erkennen und durch die Kunst auf neue Pfade zu gelangen.“ Wie verortet ihr ARENA in der Kulturlandschaft Erlangens? Welche Aufgabe hat ARENA, welche Verantwortung der Kunst gegenüber?
Franziska Stiefel: Dadurch, dass wir alles Studierende sind, die das Festival ehrenamtlich organisieren, haben wir auch einen ganz anderen Bezugspunkt zur Kunst. Ich sehe Erlangen immer als interessante Kombination von Angestellten hiesiger großer Firmen und den Studierenden, die da eine Art Gegenpol bilden können.
Nicola Reißer: ARENA spricht ja insbesondere junge Menschen an. Theater kommt ja oft für viele altmodisch, etwas bieder und versteift rüber. Da ist es nochmal was anderes, wenn junge Menschen Veranstalter*innen sind. Wir haben dazu ja auch noch Veranstaltungen wie Konzerte und Partys. Das lockt natürlich nochmal mehr.
Franziska Stiefel: Vor allem bietet ARENA ja auch immer einen Austausch. Die, die vielleicht als Besucher*innen zum Festival gekommen sind, werden im nächsten Jahr Helfer*innen oder bewerben sich mit eigenen Produktionen und umgekehrt. Das ist bei ARENA alles möglich. Wir haben dieses Jahr auch die Produktion MILK von der Gruppe Tangeld aus Kanada zu Gast. Die beiden Performerinnen waren letztes Jahr Austauschstudentinnen am Institut für Theater- und Medienwissenschaft und haben so das Festival kennengelernt und sich dieses Jahr dann auch als Künstlerinnen beworben.

kunstnürnberg: Ihr habt gerade die Helfer*innen erwähnt. Dieses Jahr sind es etwa 180 Freiwillige, die beim Kartenverkauf, der Künstler*innenbetreuung, beim Buffet oder Auf- und Abbau beteiligt sind. Das ist ja eine beachtliche Zahl. Wieso funktioniert dieses Konzept so gut?
Franziska Stiefel: Ich glaube, es ist einfach ein schönes Gefühl, an so etwas teilzuhaben und am Ende zu sehen, was man auf die Beine gestellt. Die Helfer*innen sind auf jeden Fall ein sehr, sehr wichtiger Teil dabei. Sie sind ja die Basis, auf der wir aufbauen können, damit das alles so stattfinden kann. Und man kommt beim gemeinsamen Zusammensitzen in unserem Festivalzentrum natürlich auch in einen Austausch mit den Künstler*innen und ganz vielen anderen Bereichen.
kunstnürnberg: In den letzten Jahren ist das Kernteam aus Studierenden verschiedener Fakultäten gewachsen und ihr seid inzwischen über dreißig Mitglieder. Woran scheitert ihr?
Franziska Stiefel: Natürlich ist die Größe der Gruppe nicht nur ein Vorteil. Es gibt auf jeden Fall mehr Missverständnisse, aber dadurch sind auch sehr viele Dinge möglich und ich denke, dass wir daran irgendwie wachsen. Scheitern ist natürlich ein negativ belastetes Wort. Woran wir auf jeden Fall wachsen können, ist die Kommunikation untereinander und das Arbeiten im Team. Ich sehe das daher nicht als Scheitern, sondern vielmehr als Herausforderung.

ARENA zeichnet sich seit nun fast dreißig Jahren als interdisziplinäres, multimediales und experimentelles Festival aus, das aus dem Erlanger Kulturbetrieb kaum wegzudenken ist.
Gescheitert wurde hier sicherlich auch schon, so bleibt das besondere an dem Festival, dass es eine Plattform bietet, bei der nicht nur Künstler*innen, sondern vor allem auch die Studierenden sich ausprobieren können und unabhängig von fest etablierten Institutionen agieren und gestalten dürfen.
Gerade dabei zeigt sich aber, dass Scheitern immer noch Chance bleibt, schließlich jährt sich das Festival nun zum 28. Mal. Es wird aber nicht aufgehört zu probieren: Erstmalig ist es dem Team möglich, durch finanzielle Umstrukturierungen den Künstler*innen-Gruppen eine Aufwandsentschädigung zu zahlen. Dafür werden diese, sofern dies gewünscht wird, in Privatunterkünften untergebracht. “Das war letztes Jahr ein großer Wunsch.”, berichtet Franziska Stiefel. “Das ist so ein Punkt, der eine kleine Herausforderung ist, da wir uns mit neuen Strukturen auseinandersetzen müssen. Man muss immer wieder schauen, ob das alles so klappt, wie man sich das vorgestellt hat, da das Auswirkungen auf die gesamte Festivalplanung hat. Bisher hat das aber alles sehr gut funktioniert.”
Zumindest an Vielfältigkeit scheitert das Programm dieses Jahr nicht: Von einem privaten Date bei date and rate mit Nora Scherer, der Ein-Mann-Performance The best piece of this season des US-Amerikaners Johannes Dullin, zum interaktiven, theatralen Gesellschaftsspiel Soldaten der Gruppe Fecht, Gralke, Feller, dem performativen Audioride #2 von gez. Euer Ernst, Irgendwas mit Science Fiction von Schmarrnintelligenz, die bis hin zu den Tanzproduktionen Die Unruhe von Mareike Buchmann/Impuks-m und Curriculum Vitae der La Verita Dance Company kann man sich auf unterschiedliche Weise mit Fehlern, Scheitern und Probieren auseinandersetzen. Den Anfang machte bei der Eröffnungsfeier die Gruppe Cloud Theater aus Polen mit Tech is a Being.

Außerdem werden Talk-Arts zu jedem Stück angeboten und ein Tagesdigestiv am Donnerstag, wo sich die Möglichkeit bietet, sich im Festivalzentrum mit Künstler*innen und Besucher*innen auszutauschen. Dazu wird es Konzerte und Partys geben, sowie Workshops am Sonntag, bei denen man das eigene Scheitern probieren kann (unbedingt bequeme Kleidung mitbringen!). Bei der traditionellen Final Night Party am Samstag im JUZ wird dann nicht nur gefeiert, sondern es werden auch die diesjährigen Preise verliehen. Danach dürfen dann auch gerne wieder Fehler gemacht werden.
ARENA lädt herzlich zu “404-NOT FOUND” ein. Wer es dieses Jahr nicht schafft, kommt halt nächstes Jahr. Oder das Jahr darauf zum 30. dann. Denn es wird weiter probiert, scheitern erlaubt.
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