Das Schlösschen im Hofgarten in Wertheim
Dort, wo Main und Tauber zusammenfließen, an den Ausläufern von Spessart und Odenwald, da liegt das Baden-Württembergische Wertheim, nur eine Autostunde von Frankfurt entfernt. Viel gibt es hier zu sehen, die stolze Sandsteinburg, die Altstadt mit ihren spätmittelalterlichen Fachwerkhäusern, Glasmuseum, Grafschaftsmuseum, Stiftskirche und Kloster Bronnbach.
Goethe und Tucholsky waren begeisterte Wertheim-Besucher – und auch das Schlösschen im Hofgarten mit seinem englischen Landschaftspark begeistert die zeitgenössischen Touristen, von denen heute viele mit der Flussschiffahrt oder auch mit dem Fahrrad kommen, denn hier kreuzen sich die Premium-Radwege an Main und Tauber.
Eine engagierte Bürgerstiftung und öffentliche Gelder haben 2006 die aufwändige Sanierung der 1777 durch Friedrich Ludwig Graf zu Löwenstein-Wertheim-Virneburg errichteten gräflichen Sommerresidenz möglich gemacht. Das Treppenhaus ist noch in reinem Rokoko-Stil erbaut, doch der große Saal zeigt schon den klassizistischen Baustil. Hier, im Gartensaal, finden immer wieder Konzerte und Vorträge statt. Man kann ihn auch für private Veranstaltungen und Hochzeiten mieten.
Die Sammlung des Schlösschens, gestiftet durch den Wertheimer Kunstsammler Wolfgang Schuller, enthält Werke der Berliner Secession. Im Zentrum dieser Sammlung steht die Kunst in Berlin um 1900 mit ihren vielfältigen Strömungen wie Jugendstil, Freilichtmalerei, Realismus und Impressionismus mit Arbeiten von etwa Max Liebermann, Lovis Corinth, Max Slevogt, Fritz v. Uhde, Hans Baluschek, Walter Leistikow, Lesser Ury und Heinrich Zille. Dazu kommen noch, revolutionär für diese Zeit, Werke von Künstlerinnen wie Dora Hitz, Käthe Kollwitz, Sabine Lepsius und Maria Slavona. Diese Stiftungssammlung kann ab dem 23. November wieder bewundert werden.
Weiterhin fasziniert das Schlösschen mit Sonderausstellungen, wie derzeit die Schau „New Romantics – von der Sehnsucht in der Kunst der Gegenwart“. Die von Andreas Greulich und Marc Peschke kuratierte Gruppenausstellung versammelt Werke von Stefan Bircheneder, Tjark Ihmels, Stefanie Kettel, Anna Lehmann-Brauns, Sebastian Meschenmoser, Merzmensch, Matthias Moravek, Marc Peschke, Jan Schmelcher, Tessa Wolkersdorfer , Marco Wagner, Stella Winter und Thomas Wrede.
In dieser gemeinsam mit der Frankfurter Galerie Greulich initiierten Ausstellung rücken der Mensch und die Natur in den Mittelpunkt der Arbeit zeitgenössischer Künstler und Künstlerinnen. Viele Bilder sind als kritische Reflektion der Lage unserer Gesellschaft zu interpretieren: Landschaft als Vexierbild sozialer und politischer Wirklichkeit. Die Ausstellung „New Romantics“ fragt: Was bedeutet Romantik, Postromantik im 21. Jahrhundert? In Zeiten von Digitalisierung, Krieg und Krisen?
Die Schau zeigt abgründige Idyllen, Paralleluniversen, Wildnis, unscharfe Erinnerungsbilder, Zitate aus der Kunstgeschichte, Bilder, die in eine Zukunft weisen, die ungewiss geworden ist. Alles ist aus den Fugen, doch der Wunsch nach Ordnung, nach Intimität, nach Geborgenheit, der ist immer noch da. Das Schlösschen im Hofgarten bildet durch seine Rokoko-Architektur den idealen Ort für eine solche Gruppenausstellung der Gegenwartskunst. Denn der intime Rahmen und die kleinen Kabinette können eine solche Sehnsucht wunderbar erfüllen und abbilden.
Nach dem Museumsbesuch lohnt sich ein Spaziergang durch den romantischen Park. Man entdeckt einen Rundtempel und das Gärtnerhaus, wo ein Café auf Kultur-Touristen wartet. Auch die Veranstaltungen sind stets einen Besuch wert – besonders hervorzuheben sind die vom Kulturkreis organisierten Konzerte. Hier haben die Gäste die Möglichkeit, erstklassigen Musikern im zauberhaften Ambiente zu lauschen. Am Donnerstag, den 10. Oktober steht beispielsweise „Jazz im Schlösschen“ mit dem Trio Fussissimo auf dem Programm. Das Schlösschen im Hofgarten ist ein Museum, das zu den schönsten der ganzen Region zählt. Ein Schlösschen für die Kunst!
(c) Marc Peschke
Schlösschen im Hofgarten, Würzburger Straße 30, 97877 Wertheim, T +49 (0) 9342 301511