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Deutsch-deutsches Freilandmuseum bei Behrungen, Thüringen

Mahnmal deutsch-deutscher Geschichte in Thüringen

Deutsch-deutsches Freilandmuseum bei Behrungen, Blick von Bayern nach Osten in die Grenzanlage, © Alexander Racz

Das deutsch-deutsche Freilandmuseum umfasst die drei Denkmalorte Behrungen und Berkach in Thüringen sowie Rappershausen im Norden Bayerns.

Mit Wachtürmen, Grenzzäunen, Kfz-Sperrgraben und Erdbeobachtungsbunker ist die gesamte Grenzstaffelung der Deutschen Demokratischen Republik nachvollziehbar. Die Befestigung sollte unüberwindbar sein und verhindern, dass Bürger der DDR vor den perspektivlosen Zuständen ihres Staates nach Bayern in die BRD fliehen konnten.

Die DDR-Flüchtlinge nahmen größte Gefahren auf sich, um in die erhoffte Freiheit zu gelangen. Gleiches spielt sich im Moment im Nahen Osten und Afrika ab: Von Krieg, Gewalt und Perspektivlosigkeit getrieben, machen sich Menschen auf die lebensgefährliche Reise nach Europa, um hier ein besseres Leben zu führen. Im Prinzip handeln sie genauso wie die ehemaligen DDR-Bürger, die die Diktatur um jeden Preis verlassen wollten, um in der Freiheit ein selbstbestimmtes Leben führen zu können. Viele kamen nur bis zu Grenze.

Um die aktuelle Flüchtlingswelle aus Nordafrika und dem Nahen Osten besser verstehen zu können lohnt ein Rückblick in die deutsche Geschichte. Die Situation an einer Grenze sowie die einhergehenden Gefahren lassen sich besser nachvollziehen, wenn man sie an einem bekannten Beispiel erlebt. An der thüringischen Grenze zu Bayern veranschaulicht ein denkmalgeschützter ehemaliger DDR-Grenzstreifen welchen Aufwand die SED-Diktatur betrieben hat, um ihre Bürger von der Flucht abzuhalten. Die Maßnahmen reichten bis zu der Erschießung von Flüchtigen im Grenzbereich.

Man erkennt bei dem Spaziergang durch Anlagen schnell, wieso die DDR-Bürger das Risiko des eigenen Todes auf sich nahmen, um das Land zu verlassen: Es sind Motive, die allen Menschen innewohnen. Der Drang nach Freiheit und Selbstbestimmtheit, der Wunsch in Frieden zu leben und die Hoffnung auf eine gute Zukunft – für sich und die Kinder. Dies war in der DDR für viele nicht möglich, genauso wie es jetzt für viele Menschen aus Afrika und Syrien nicht möglich ist.

Lebt man bereits in Frieden und Freiheit, vergisst man schnell um die Grausamkeiten der Vergangenheit. Das deutsch-deutsche Freilandmuseum macht das perspektivlose Leben in der DDR und den daraus resultierenden Willen der Bürger aus ihrem Land zu fliehen, auf anschauliche Weise erneut bewusst. Der Ort, mit seiner betonsichtigen Grenzarchitektur und dem idyllischen Natur Thüringens, erzählt seine tragische Geschichte automatisch und bringt die Schrecken der Vergangenheit in Erinnerung.

Deutsch-deutsches Freilandmuseum bei Behrungen – Mahn- und Gedenkstätte “Mahnmal Deutsch-deutscher Geschichte”

Deutsch-deutsches Freilandmuseum bei Behrungen, Infotafel am Grenzturm, © Alexander Racz
Deutsch-deutsches Freilandmuseum bei Behrungen, Infotafel am Grenzturm, © Alexander Racz

Verlässt man die A 71 an der Ausfahrt Rentwertshausen / Behrungen, gelangt man schnell zum deutsch-deutschen Freilandmuseum mit Mahn- und Gedenkstätte zur deutschen Teilung bei Behrungen. Die Straße auf der man sich dem Areal nähert war zu DDR-Zeiten für Privatpersonen gesperrt.

Behrungen (und Berkach) lagen im 5 Kilometer breiten Grenzgebiet der DDR, für dessen Betreten externe DDR-Besucher eine Genehmigung einholen mussten und Bewohner von Behrungen und Berkach sich an Kontrollposten ausweisen mussten um in ihre Dörfer zu gelangen. Das Pendant auf bayrischer Seite war Rappershausen, das im 40 km breiten Zonenrandgebiet der BRD, wo höhere Sicherheitsstufen vorherrschten.

Das Freilandmuseum umfasst drei Denkmalorte, die die Geschichte der Grenze veranschaulichen: Die Mahn- und Gedenkstätte mit erhaltener Grenzanlage in Behrungen und Berkach in Thüringen sowie die ehemalige Grenzinformationsstelle mit Aussichtsturm in Rappershausen in Bayern.

Das Gebiet umfasst den ehemaligen Grenzabschnitt 44 mitsamt seiner archäologischen Bodendenkmäler, der als einer der best erhaltenen und denkmalgeschützten Grenzabschnitte der ehemaligen deutsch-deutschen Grenze gilt.

Geschichte des deutsch-deutschen Freilandmuseum bei Behrungen

Bereits 1999/2000 wurden bei Behrungen in Thüringen und im bayerischen Rappershausen Mahn- und Gedenkstätten geschaffen aus denen sich später das Freilandmuseum entwickelte.

Bei einem Spaziergang im Jahr 2001 entdeckt der 10-jährige Manuel Erhard im ehemaligen Grenzstreifen kurz vor dem bayrischen Schlagbaum eine intakte Tretmine, woran heute ein Gedenkstein erinnert.

2003 wurde von privaten Initiatoren, wie der Familie Erhard, das deutsch-deutsche Freilandmuseum gegründet, dessen Trägerverein das Deutsche Kuratorium zur Förderung von Wissenschaft, Bildung und Kultur e.V. ist. Es hat die Aufgabe das Wissen um die deutsche Teilung mit Hilfe von originalen Grenzanlagen zu überliefern und die Denkmäler länderübergreifend möglichst authentisch zu vermitteln: Ein Besuch des deutsch-deutschen Freilandmuseums gleicht einer Reise in die 1970er und 1980er Jahre, auf die wir uns in diesem Artikel begeben.

Denkmalort Behrungen

Seit 1946 war Behrungen in Thüringen teil der sowjetischen Besatzungszone und ab 1949 Teil der Deutschen Demokratischen Republik. Als 1952 die Grenzen er DDR geschlossen und mit Grenzgebieten, Schutzstreifen und Militär gesichert wurden, war die Ausreise nicht mehr möglich. Die ehemalige Grenzkaserne 2 aus den frühen 1960er Jahren und ein Gebäude der Deutschen Grenzpolizei zeugen von diesen historischen Veränderungen.

Die Grenzstaffelung in Behrungen

Das deutsch-deutsche Freilandmuseum in Behrungen umfasst einen Teil des Grenzsignal- und Sperrzaun am Beginn des Areals, die ehemalige Führungsstelle im Grenzturm in der Mitte und die ehemalige Staatsgrenze der DDR (schwarz-rot-gelber Grenzsäule) mit ehemaligen Minenfeld, Kfz-Sperren, Spurensicherungstreifen sowie Erdbunkern.

Grenzsignalzaun, Sperrzaun mit Tor 21 und Schutzstreifen

Deutsch-deutsches Freilandmuseum bei Behrungen, Blick von Bayern nach Osten in die Grenzanlage, © Alexander Racz
Deutsch-deutsches Freilandmuseum bei Behrungen, Wandergesellschaft, © Alexander Racz
Deutsch-deutsches Freilandmuseum bei Behrungen, Blick von Bayern nach Osten in die Grenzanlage, © Alexander Racz

Am Zugang zum Areal des Freilandmuseums bei Behrungen ist ein 30 Meter langer Teilbereich des Grenzsignal- und Sperrzauns in situ (am Originalstandort) erhalten.

Dieser erste Zaun war ca. 2 Meter hoch, elektrisch geladen und mit Metallabweisern sowie Stacheldraht verstärkt. Unterirdisch war er mit Betongittern gesichert, um ein Hindurchgraben zu vereiteln.

Dieser erste Zaun schrankte die ca. 500 Meter breite Grenze der DDR in Richtung der Ortschaft Behrungen ab, so dass potenzielle “Republikflüchtlinge” bereits hier gestoppt wurden. Ein Übertreten des Zaunes war lebensgefährlich, da die Grenzpolizei das Feuer auf Personen, die sich Zutritt verschaffen wollten, eröffnete.

Nahe zum Kolonnenweg zeugt noch das ehemalige Durchlasstor Nr. 21 mit Drahtseilsperre, Schaltanlagen und der Anschlussstelle zum Grenzmeldenetz von der ausgefeilten Sicherungstechnik, mit der die Zäune gesichert waren. Ein Infopoint bietet hier weitere Informationen für die eintreffenden Besucher.

Grenzturm, ehemalige Führungsstelle

Deutsch-deutsches Freilandmuseum bei Behrungen, Grenzturm, © Alexander Racz

Folgt man dem Kolonnenweg aus Betonplatten erreicht man nach ca. 300 Meter (man nähert sich der bayrischen Grenzen) einen ca. 10 Meter hohen Grenzturm aus dem Jahr 1981. In diesem Betonplattenbau mit Aussichtsplattform war die Führungsstelle des Kommandeurs untergebracht, die Teil des Grenzabschnitts 44, Sicherungsabschnitt Hammelbad war.

Der Grenzturm verlor in den 1990er Jahren seine Funktion und fiel in Vergessenheit bis seine Bedeutung für die Geschichte der Grenzregion 1999 wieder erkannt wurde. Heute befindet sich im Turm eine Dokumentationsstelle mit originalen Ausstellungsstücken zur Geschichte des Grenzabschnitts. Der Turm ist jedoch nur in Verbindung mit einer historischen Führung nach vorheriger Anmeldung betretbar (Informationen zur Besichtigung am Ende des Artikels).

Erdbunkeranlagen

Im gesamte Bereich befanden sich niedrige Erdbunkeranlagen, die Scharfschützen Tarnung boten. Unweit des Grenzturms im Südwesten befindet sich der Nachbau eines solchen Erdbunkers aus den 1960er Jahren. Der Bunker bot Platz für eine Person und war an das Grenzmeldenetz angeschlossen. Er wurde aus originalen Teilen und neuen Betonpartien rekonstruiert.

Die (ehemalige) Staatsgrenze der Deutschen Demokratischen Republik

Folgt man dem Weg aus Betonplatten 200 Meter in Richtung Westen erreicht man im Original erhaltene Partien des 6 Meter breiten Spurensicherungsstreifens und des Kfz-Sperrgrabens sowie der Zaunanlage. Außerdem befand sich hier ein 23 Meter breites Minenfeld.

Deutsch-deutsches Freilandmuseum bei Behrungen, Kfz-Sperren, © Alexander Racz
Deutsch-deutsches Freilandmuseum bei Behrungen, DDR-Grenzsäule und Blick zum bayerischen Schlagbaum, © Alexander Racz
Deutsch-deutsches Freilandmuseum bei Behrungen, DDR-Grenzsäule und Blick nach Osten zum Grenzturm, © Alexander Racz

Durchschreitet man die Zaunanlage befindet man sich immer noch auf dem ehemaligen Hochzeitsgebiet der DDR, wo auch der 10-jährige Manuel Erhard im Jahr 2001 die intakte Tretmine fand (ein Denkmalstein erinnert an den Fundort). Die schwarz-rot-gelbe DDR-Grenzsäule markiert schließlich den eigentlichen Verlauf der deutsch-deutschen Grenze.

Informationspunkte an der Bayrischen Landesgrenze

Deutsch-deutsches Freilandmuseum bei Behrungen, bayrische Grenze, auf der DDR-Seite Torsten (DDR-Experte, stadtbekannter Gostenhofer), Foto: Ina von Lars

Einige Meter weiter erblickt man nun auf bayrischer Seite den weiß-blau gestrichenen Schlagbaum und einen Grenzinformationspunkt.

Hinweistafeln der Grenzpolizei, eine schematische Aufschlüsselung der komplizierten DDR-Grenzsperranlagen und Erläuterungen zum “Niemandsland” informierten und informieren die Besucher über das Areal.

Oft war den Grenztouristen in Bayern nicht klar, dass es kein Niemandsland gab und dass die Grenze unmittelbar vor ihnenlag, so dass sich einige Menschen zu nah zum Minenfeld begaben. Unter anderem aus diesem Grund klärten der Zollgrenzdienst, der Bundesgrenzschutz oder die Bayerische Grenzpolizei Besucher an diesem Informationspunkt über den schwer überschaubaren Grenzbereich der DDR auf.

Frühere Grenzinformationsstelle und Grenzaussichtsturm in Rappershausen / Bayern

Folgt man dem kleinen Waldweg gelangt man in die bayrische Ortschaft Rappershausen, wo eine historische Grenzinformationsstelle die Zeit überdauert hat und im früheren Rathaus besichtigt werden kann.

Ein Aussichtsturm, der gleichzeitig als Wasser-Hochbehälter funktionierte, wurde bereits in Zeiten der deutsch-deutschen Teilung touristisch genutzt, um ein Blick über die Grenze in die DDR zu ermöglichen. Dem Besucher eröffnet sich ein weites Panorama der Grabfeldregion in Bayern und Thüringen. Der Turm ist, wie auch die Grenzinformationsstelle, im Rahmen des deutsch-deutschen Freilandmuseums Behrungen zugänglich.

Historische Führungen im Deutsch-deutschen Freilandmuseum bei Behrungen für Interessierte

Grundsätzlich kann man das Gelände in Eigenregie erkunden. Wer jedoch auch in den Grenzturm möchte und weitere interessante Informationen erfahren will muss eine historische Führung durch das deutsch-deutsche Freilandmuseum buchen.

  • Anfragen sollte man per E-Mail an deutsches.kuratorium@t-online.de richten oder unter Tel. 09720/951212 anrufen (teilweise Anrufbeantworter). Das Freilandmuseum empfiehlt  die Buchung per Anruf.
  • Gruppenführungen ab 10 Teilnehmern
  • Für kleinere Gruppen wird eine Unkostenpauschale fällig.
  • Die Führungen im Areal des deutsch-deutschen Freilandmuseums dauern ca. eine bis anderthalb Stunden.
  • Areal des Freilandmuseums (Mahn- und Gedenkstätte): 3 € pro Teilnehmer
  • Eine Erweiterung der Führung ins bayrische Rappershausen kostet zusätzlich 1 € pro Teilnehmer.
  • Mehr Informationen zum deutsch-deutschen Freilandmuseum bei Behrungen finden sie auf der Webseite des Museum und auf der Webseite des Netzwerks Denkmalforschung.
Text und Fotos von Alexander Racz.

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