Eine Sonderausstellung im Germanischen Nationalmuseum Nürnberg präsentiert die seit 1998 nicht mehr gezeigte romanische Gumbertusbibel.
Darüber hinaus bereichern 40 kunsthistorisch bedeutsame Exponate aus Malerei, Plastik und Architektur die Ausstellung.
Die Besucher haben bis zum 27. Juli 2014 die äußert seltene Gelegenheit dieses herausragende Kunstwerk im Original zu betrachten.
Seit 15 Jahren verlässt der Kodex zum ersten Mal seinen Tresor in der Universitätsbibliothek Erlangen-Nürnberg um einer breiten Öffentlichkeit gezeigt zu werden.
Gumbertusbibel im Germanischen Nationalmuseum Nürnberg
Die Gumbertusbibel ist eine seltene Bibelausgabe. Ihre Miniaturmalereien machen sie zu einem Hauptwerk der hochmittelalterlichen Buchmalerei und zu einem Kunstwerk ersten Ranges.

Daten und Fakten zur Gumbertusbibel
- Entstehungsjahr: um 1180-1185
- Entstehungsort: Salzburg oder Regensburg
- Größenmaße: 67 x 45 cm
- Gewicht: 40 Kg
- Material: Pergament
- 394 Pergamentblätter
- Aufbewahrungsort: Universitätsbibliothek Erlangen-Nürnberg, Signatur H62 / MS 1

Der wuchtige Kodex wird in einer klimakonstanten Vitrine präsentiert. Jeden Montag, zur Schließzeit des Germanischen Nationalmuseums, wird eine neue Bilderseite der Bibel unter Schutzatmosphäre umgeblättert. Die Besucher bekommen so die Gelegenheit in der dreimonatigen Ausstellungsdauer alle Bildseiten zu sehen.
Die 800-jährige Geschichte der Gumbertusbibel
Die Gumbertusbibel entstand Ende des 12. Jahrhunderts, genauer gesagt um 1180 bis 1185. Sicher vor dem Jahr 1195 kaufte sie Gotebold, der Stiftsdekan des Chorherrenstifts St. Gumbertus, wobei ihn die Ansbacher Bürgerschaft finanzkräftig unterstützte. So konnten durch diese gemeinschaftliche Aktion 12 Talente (heute schätzungsweise 10 000 Euro) aufgebracht werden, um das Kunstwerk zu kaufen.

© GNM, Foto: Georg Janken, Kat. Nr. 1, Taf. 2
Die Gumbertusbibel gelangte nach der Auflösung des Gumbertusstifts in die Konsistorialbibliothek Ansbach. 1733 wurde sie in die Schlossbibliothek des Ansbacher Marktgrafen integriert.
1805 überführte König Friedrich Wilhelm III. von Preußen die Staatsbibliothek in seine Universitätsstadt Erlangen, da Ansbach an das Königreich Bayern abgetreten werden musste. Seit 1805 wird sie im Bestand der Universitätsbibliothek Erlangen-Nürnberg geführt.
Wer war Gumbertus?
Der gängigsten Überlieferung nach war Gumprecht bzw. Gumbertus (lateinisch) ein fränkischer Edelfreier, der ein der Jungfrau Maria geweihtes Kloster im Jahr 748 gründete. Als Standort wählte er die Stelle, wo die Rezat und der Onoldsbach aufeinander treffen.
Dieser klug gewählte Platz bot ein wichtiges Element, dass kein Kloster entbehren konnte: eine funktionierende Wasserversorgung. Gumbertus führte das Benediktinerkloster als Abt und kletterte die geistliche Hierarchieleiter hinauf bis er Schirmvogt von Würzburg wurde. 786 schenkte Gumbertus sein Kloster dem fränkischen König Karl d. Gr., wofür er von Karl dem Großen reichlich mit Privilegien ausgestattet wurde.
Literatur: Hiltgart L. Keller: Lexikon der Heiligen und biblischen Gestalten. Legende und Darstellung in der bildenden Kunst, 10. Aufl., Stuttgart 2005.
Die Gumbertusbibel aus kunsthistorischer Sicht
Die elf Miniaturseiten wurden von verschiedenen Künstlern gemalt. Die Künstler stimmten ihre Arbeit stark aufeinander ab, weshalb sich die individuellen Ausführungen sehr ähneln. Erst eine genaue Untersuchung der Zeichnung, und deren malerische Ausführung, ließen eine Scheidung der beteiligten Hände zu.

Die elf ganzseitigen Miniaturen und ihre figürlichen Initialen weisen stilistisch nach Regensburg. Der Stil der Gumbertusbibel ähnelt dem Stil einer Gruppe von Handschriften um den Nekrolog des Regensburger Stifts Obermünster. Die Ausstellungsbesucher haben die äußerst seltene Gelegenheit die Malereien des Nekrologs mit jenen der Gumbertusbibel zu vergleichen.
Exemplare dieser Handschriftengruppe entstanden in einer Werkstatt in Regensburg und im Kloster Windberg (östlich von Straubing), das eng mit Regensburg in Verbindung stand. Das Bistum Regensburg war seit 798 dem Erzbistum Salzburg unterstellt, nachdem Papst Leo III. Salzburg auf Bitten des fränkischen Königs Karl d. Gr. zum Erzbistum erhoben hat. Möglicherweise entstand die Gumbertusbibel sogar in Salzburg selbst.
Wer waren die Schreiber der Gumbertusbibel?
Der Beantwortung dieser Frage widmete sich eine Forschungsgruppe um Prof. Dr. Michele C. Ferrari vom Lehrstuhl für Lateinische Philologie des Mittelalters und der Neuzeit der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg.
Die beteiligten Wissenschaftler untersuchten die Schriftführung der Bibeltexte eingehend und konnten zwölf verschiedene Schreiber definieren. Über die Schreiber lässt sich sagen, dass sie sehr gut ausgebildet waren und in einem hervorragend ausgestatteten Scriptorium arbeiteten. Die Anfertigung eines Kunstwerks vom Range der Gumbertusbibel erforderte höchste Spezialisierung und perfekt ausgebildete Schreiber.
Die wissenschaftliche Untersuchung der Universität Erlangen-Nürnberg war letztendlich der Wegbereiter für ein Symposium, aus dem schließlich die Sonderausstellung im Germanischen Nationalmuseum Nürnberg hervorging.
Riesenbibel und Pandekt
Die Gumbertusbibel gehört zum Typus der Riesenbibeln, der um 1100 in Norditalien entstand und sich anschließen auch nördlich der Alpen verbreitete. Ein Grund für die Größe der Gumbertusbibel von über einem halben Meter war neben der maßlosen Pracht sicherlich auch ihre Funktion:
Die Gumbertusbibel ist ein Pandekt. Also eine Bibel, die den gesamten Bibeltext in einem Band aufnimmt. Für den praktischen Gebrauch verwendete man in der Regel kleinere Bände einzelner Bibelpartien, wie z.B. eines Evangeliar, das nur die vier Evangelien enthält.
Allein aus dieser Beobachtung kann man darauf schließen, dass die Gumbertusbibel nur zu sehr besonderen Anlässen hervorgeholt wurde. Diese These wird selbstverständlich durch ihre Kostbarkeit und ihren hohen Preis bekräftigt. Nur aufgrund ihrer seltenen Benutzung konnte der Kodex seinen ursprünglichen farbenintensiven Zustand über die Jahrhunderte hinweg bewahren.
In der Ausstellung ist der Gumbertusbibel eine weitere Vollbibel beigestellt. Eine sog. Alkuin-Bibel, mit der die Staatsbibliothek Bamberg eine äußerst selten zu sehende Leihgabe präsentiert. Alkuin-Bibeln sind zu Lebzeiten des Gumbertus in karolingischer Zeit entstanden und sind nach dem wichtigsten Berater des fränkischen Königs Karl d. Gr. benannt: Alkuin (*735 in York, † 804 in Tours).
Bibeln in Form eines einzigen Bandes hatten eine symbolische Funktion. Indem sie den gesamten Bibeltext in einem Kodex aufnahmen symbolisierten sie die Einheit des Wortes Gottes.