Alexander Racz: Die Künstlergruppe „Der Kreis“ ist eine der wichtigsten und einflussreichsten Künstlergruppen in Nürnberg. 1947 gegründet, feierte sie im Jahr 2017 ihren 70. Geburtstag.
Seit dem Jahr 2000 betreibt die Gruppe die KREISGalerie am Germanischen Nationalmuseum
und ist mit ihren Ausstellungen in Deutschland sowie im europäischen Ausland höchst aktiv. Welche Herausforderungen hat der Kreis im 21. Jahrhundert zu bewältigen?
Thomas May: 1947 hat sich nach dem Krieg „Der Kreis“ als Künstlergruppe gegründet, mit der Zielsetzung, Ausstellungsmöglichkeiten für zeitgenössische Kunst zu schaffen. Ich bin 2016 Vorsitzender geworden und habe mir damals die Frage gestellt, ob es den Kreis noch braucht oder wir uns überholt haben.
Aus dieser Überlegung heraus ergaben sich neue Zielsetzungen, in die wir hineingewachsen sind. In der letzten Zeit haben wir festgestellt, dass unsere Künstlergruppe sehr stark auf Vernetzung basiert.
Auch über die Künstlergruppe „Der Kreis“ hinaus, gibt es genug Leute, die als Satelliten in der Stadt mit uns zu tun haben, bei uns ausstellen und mit uns Projekte umsetzen. Außerdem haben wir viele Partner im Ausland. Wir arbeiteten u.a. mit KünstlerInnen aus Krakau in Polen oder Braşov in Rumänien zusammen.
2022 haben wir ein Symposium in Kroatien veranstaltet und vor Ort einen Art Trail aufgebaut. Dabei waren 13 KünstlerInnen von uns und 20, die wir eingeladen haben. Über diese Verbindungen sind Artist Residencies entstanden und mittlerweile waren KünstlerInnen von uns in England, Finnland und Spanien. Insofern haben wir uns darauf ausgerichtet, ein Netzwerk zwischen regionalen und internationalen KünstlerInnen aufzubauen.
Unser Netzwerk wächst und ich glaube, es ist genau das, was wir in Nürnberg brauchen. Unsere Mitglieder haben sich alle dazu entschlossen, in der Stadt Nürnberg zu bleiben. Dennoch braucht man einfach einen Fuß nach draußen, diese internationalen Verbindungen sind lebenswichtig.
AR: Der Kreis besteht aus maximal 30 Mitgliedern. Wie setzt sich die Gruppe zusammen?
TM: Wir sind eine sehr heterogene Künstlergruppe. Wir haben kein gemeinsames Thema. Wir haben kein gemeinsames Material. Das Einzige, was uns verbindet, ist die Liebe zur Kunst. Wir haben maximal 30 Mitglieder. Wenn man Mitglied ist, ist man eigentlich auf Lebenszeit Teil der Struktur des „Kreises“.
Als ich hier vor 20 Jahren angefangen habe, war ich noch der Jüngste. Es gab einen festen Kern Gleichaltriger, die älter als ich waren. Das hat sich jetzt ein bisschen verändert. Wir haben auch immer mehr jüngere Mitglieder aufgenommen. Vor einiger Zeit haben wir bereits festgestellt, dass wir viele männliche Mitglieder haben. Wir sind dabei, das neu zu strukturieren und mehr Frauen aufzunehmen. Wenn wir neue Mitglieder aufnehmen, beobachten wir sie eine ganze Zeit lang. Wir suchen uns KünstlerInnen heraus, die mit der Akademie fertig sind und bereits seit mindestens drei Jahren arbeiten.
Wichtig ist uns, dass sie in unsere Gruppe passen, aktiv sind und Lust haben, Aufgaben im „Kreis“ zu übernehmen.
Die Förderung jüngerer KünstlerInnen wird auch durch den Max und Rita Körndl-Preis unterstützt.
„Der Kreis“ hat die Ehre, seit 2023 jährlich diesen Förderpreis für junge Kunst verleihen zu dürfen. Der Preis ist mit 2500,- € dotiert und beinhaltet neben dem Preisgeld eine Einzelausstellung, die vom 5. Dezember 2024 bis 4. Januar 2025 in der KREISGalerie stattfinden wird.
AR: Ihr bespielt im Sparkassengebäude an der Maximilianstrasse das MAXI, einen Ausstellungsraum
für zeitgenössische Kunst. Welche künstlerischen Positionen werden im MAXI gezeigt und welche Ziele verfolgt ihr mit dem neuen Raum?
TM: Wir haben seit fast 25 Jahren unseren Galerieraum am Germanischen Nationalmuseum, in dem wir mit Hilfe der finanziellen Unterstützung unseres Freundeskreises, Spenden und der Stadt Nürnberg unsere Ausstellungen konzipieren und umsetzen. Durch Zufall stießen wir auf das nun denkmalgeschützte Sparkassengebäude an der U-Bahnhaltestelle Maximilianstraße, das 1979 bis 1981 nach Plänen des Nürnberger Architekten Albin Hennig errichtet worden war. Die Sparkasse hat das Gebäude verlassen und wir bekamen die Möglichkeit, die leerstehenden Räumlichkeiten für zwei Ausstellungen zu mieten. Es sind sehr spannende Räume für Kunst. Das ungewöhnliche Tonnengewölbe im 1. Stock war für Büroräume sicher schwierig, aber für das Zeigen von raumbezogener Kunst ist die Architektur ideal.
Im MAXI haben wir letztes Jahr eine Fotografieausstellung mit KünstlerInnen aus Nürnbergs Partnerstadt Charkiw gemacht. Die Ausstellung „Kharkiv School of Photography – 50 Jahre künstlerische Fotografie aus der Ukraine (01.07. – 13.08.2023)“ vereinte wunderbare Arbeiten von Vertretern wie Boris Mikhailov und anderen Größen der Fotografie, die mittlerweile in Deutschland leben. Uns war wichtig, dass die Ausstellung von Ukrainern kuratiert wurde. Das Publikum der Ausstellung war fifty-fifty deutsch und ukrainisch. Wir haben geschafft, was wir erreichen wollten. Eine Vermischung von Leuten, die hier wohnen und Flüchtlingen, die durch den Ukraine-Krieg hierherkamen.
Die zweite Ausstellung im MAXI zeigte 33 Positionen, die nicht nur von Kreis-Mitgliedern, sondern auch von anderen regionalen KünstlerInnen stammten. Auch diese Ausstellung wurde sehr gut angenommen und wir konnten die Sparkasse überzeugen, uns die Räume für ein weiteres Jahr zur Verfügung zu stellen.
AR: Welche Ausstellung sind als nächstes geplant?
TM: Im MAXI zeigen wir dieses Jahr zunächst Werke von Studierenden der Krakauer Kunstakademie und anschließend eine Gruppenausstellung mit regionalen KünstlerInnen, die um die 40 Jahre alt sind.
Anschließend kommt die Klasse von Prof. Heike Baranowski von der AdBK Nürnberg und nutzt das MAXI als Ausstellungsort für die Klassenschau im Rahmen der Jahresausstellung.
In der KREIS Galerie am Germanischen Nationalmuseum zeigen wir gerade die Gruppenausstellung „Plein Air“. Am 29. Februar eröffnet die neue Ausstellung von Dominik Stanisławski in Kooperation mit
dem Krakauer Haus, der beispielweise einen lebensgroßen Wohnwagen aus Pappe in die Galerie bauen wird.
Ende März fahren wir wieder nach Kroatien auf die Insel Rab, wo wir auf einer Hochebene zusammen mit internationalen KünstlerInnen analoge und digitale Arbeiten positionieren. Im April folgt eine Ausstellung der Künstlerinnen Gabriele Fuchs & Beate Baberske. Im Mai zeigen wir Tomoe Hikita und Veronika Haller, die den Debütanntenpreis des Freistaates Bayern erhalten haben.
AR: Vielen Dank für das Interview