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Die mi – Museumsinitiative Freunde und Förderer des Neuen Museums e.V. in Nürnberg

Das Neue Museum Nürnberg, Foto: Annette Kradisch
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Holger Rieß im Interview

Holger Rieß, Vorsitzender der Freunde und Förderer des Neuen Museums Nürnberg
Holger Rieß, Vorsitzender der Freunde und Förderer des Neuen Museums
Nürnberg

KunstNürnberg: Herr Rieß, Sie sind seit rund 10 Jahren im Vorstand und seit 2017 Vorsitzender der Museumsinitiative Freunde und Förderer des Neuen Museums e.V. in Nürnberg. Welche Aufgaben erfüllt der 1987 gegründete Verein?

Holger Rieß: Die mi, wie der gemeinnützige Verein auch kurz genannt wird, wurde als Bürgerinitiative zum Bau eines Museums für die Kunst des 20. Jahrhunderts gegründet und hat visionär schon in den Anfangsjahren, obwohl noch gar nicht klar war, ob jemals in Nürnberg ein solches Museum gebaut wird, Kunst gesammelt.

Der Aspekt des Kunsterwerbes und des Sammelns ist gerade in Zeiten, in denen sich die städtischen und staatlichen Institutionen immer mehr ihrer Verantwortung entziehen und die finanziellen Mittel für Kultur und Kunst immer geringer werden, ein sehr wichtiger Satzungszweck, d.h. wir kaufen Kunst an, die dann dem Museum zur Verfügung steht.

Ein weiteres Augenmerk liegt auf der Kunstvermittlung. Wir bieten unseren rund 800 Mitgliedern (in der pandemiefreien Zeit) Vorträge, Führungen, Previews zu Ausstellungen, Tagesfahrten und Kunstreisen an und unterstützen das Museum bei Ausstellungen sowie Publikationen. Unser Anliegen ist es, das Museum und die Museumsarbeit in der Bevölkerung noch besser zu verankern und zu kommunizieren.  

"Painterly.Von Warhol und Twombly bis heute – Malerei aus dem Museum Brandhorst" · Andy Warhol, "Ladies And Gentlemen", 1975, Foto: Annette Kradisch
Ausstellung „Painterly.Von Warhol und Twombly bis heute – Malerei aus dem Museum Brandhorst“ · Andy Warhol, „Ladies And Gentlemen“, 1975, Foto: Annette Kradisch

KunstNürnberg: Wie alle Museen muss das Neue Museum Nürnberg bis 30. November 2020 schließen. Wie ging die Museumsinitiative mit den Corona-Beschränkungen um und welche Strategien haben Sie für die Zukunft entwickelt?

Holger Rieß: In den letzten Monaten hatten wir für unsere Mitglieder in kleinen Gruppen spezielle Formate an Ausstellungsführungen angeboten, natürlich unter Einhaltung aller hygienischen Sicherheitsauflagen, die sehr gut angenommen wurden.

Wir haben versucht, unsere Mitglieder noch öfters via E-Mail-Newsletter und zum Teil mit persönlichen Anrufen zu informieren, aber ein Museum lässt sich nur bedingt digital transferieren. Sicherlich kann man alles digital anbieten, aber im Kontext zu anderen ausgestellten Kunstwerken und im Rahmen der entsprechenden Museums- und Ausstellungsarchitektur ist das Live-Erlebnis schlicht beeindruckender.

Für die kommenden Monate sind „Führungen“ und Vorträge der Kuratoren und Museumsmitarbeiter über die laufenden Veranstaltungen mittels Videoplattformen angedacht. Flankierend zu unserer Mitgliederkommunikation ist auch das Museum via Facebook und Instagram sowie Newslettern und Rundschreiben an unsere Mitglieder aktiv. 
Wir hoffen natürlich, dass das Neue Museum baldmöglichst wieder öffnet, so dass zumindest unsere speziellen Führungen wieder stattfinden können. 

KunstNürnberg: Die Museumsinitiative kauft regelmäßig neue Kunstwerke für das Neue Museum an. Nach welchen Kriterien wird die Auswahl getroffen? Welches ist Ihr Lieblings-Kunstwerk in der Sammlung?

Holger Rieß: Mögliche Erwerbungen für unsere inzwischen über 100 Kunstwerke zählende Sammlung, die Gattungen wie Malerei, Bildhauerei, Videoarbeiten, Fotografie, Installation etc. umfasst, werden, wie auch potenzielle Schenkungen, immer im Vorstand besprochen.

Die Kunstwerke sollten idealerweise die Museumssammlung ergänzen oder vervollständigen; dabei spielt es keine Rolle, ob diese von regionalen oder internationalen Künstlerinnen und Künstlern geschaffen wurden. Es können aber auch bedeutende Werke aus einer im Museum gezeigten Ausstellung sein, wie z.B. der Hexagonal Water Pavilion, der „Museumsbrunnen“ von Jeppe Hein oder unser letzter Ankauf, Uterusland, von der aus Nürnberg stammenden Künstlerin, Raphaela Vogel.

Uterusland, 2017, Neues Museum Nürnberg, Foto: Annette Kradisch
Uterusland, 2017, Neues Museum Nürnberg, Foto: Annette Kradisch
Uterusland, 2017, Neues Museum Nürnberg, Foto: Annette Kradisch
Raphaela Vogel: Uterusland, 2017, Neues Museum Nürnberg, Foto: Annette Kradisch

Grenzen, der ausschließlich von der Museumsdirektion dem Vorstand vorgeschlagenen Kunstwerke, werden oft durch die zum Teil hohen Kaufpreise gesetzt.

Unabhängig vom Preis faszinieren mich mehrere Werke aus der mi-Sammlung, wie z.B. die Dutch Gas-Cans von Wim Delvoye, der damit die niedlichen Motive Delfter Kacheln sowie Tischdecken und deren eigentliche Funktion als Erinnerungsstücke intelligent überzeichnet. Aber auch die Skulptur von Isa Genzken, Ohne Titel, aus dem Jahre 1990 erzeugt beim Betrachten Spannung. Sie assoziiert zum einen Architektur – brutal und fragil zugleich, zum anderen Begrenzung versus Freiheit.

KunstNürnberg: Nürnberg hat den Titel der Kulturhauptstadt leider nicht gewonnen. Wie bewerten Sie die Entwicklung Nürnbergs in Sachen Kultur? Wie kann sich Nürnberg mit Hilfe der Kunst gesellschaftlich weiterentwickeln?

Holger Rieß: Ich war seit Beginn der N2025-Aktivitäten der Überzeugung, dass der Weg das Ziel ist. Nürnberg hat eigentlich viel zu bieten, allerdings wird die Kulturszene im Allgemeinen zu oft alleine gelassen. Das Bewusstsein, dass Kultur Unterstützung braucht und vor allem der Wille, diese Unterstützung, gleichwohl welcher Art, auch zu gewähren, war leider lange Zeit nicht sonderlich ausgeprägt. Das machen andere Städte deutlich besser. Eine dieser Städte ist nun Kulturhauptstadt geworden.

Blick in die Sammlungspräsentation "Mixed Zone", Foto: Annette Kradisch
Blick in die Sammlungspräsentation „Mixed Zone“

Aber die Bewerbung war wichtig, dieses Bewusstsein zu schärfen und es sind ja auch interessante Projekte entstanden, die man nun weiterverfolgen muss. Daher war die Teilnahme, dank aller Beteiligten, trotz der Niederlage ein Erfolg, da unterschiedlichste Kulturaspekte und Projekte aufgezeigt wurden und Kultur, abseits von Dürer, stärker in den öffentlichen Fokus geraten ist. 

Kultur kann ein Seismograph für viele gesellschaftliche Entwicklungen sein, man kann sich daran erfreuen, aber auch reiben sowie darüber trefflich diskutieren und sie kann ein Standortvorteil sein  ̶  eine Stadt lebenswerter machen. Deshalb ist es immens wichtig, den Protagonisten den Stellenwert einzuräumen, den sie verdienen und den eine Stadt wie Nürnberg dringend benötigt.

Informationen zur Museumsinitiative Freunde und Förderer des Neuen Museums e. V. finden Sie unter: www.mi-nuernberg.de

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