Karin Kaper, die Regisseurin des Films Berlin East Side Gallery, der am 8. Januar 2015 Kinostart in Deutschland hatte, beantwortet einige Fragen zu ihren neuen Film. Die Dokumentation läuft im Metropolis Kino in Nürnberg und im Babylon Kino in Fürth.

Interview mit Karin Kaper über den Film Berlin East Side Gallery
Kunstnürnberg: Die East Side Gallery in Berlin ist das längste erhaltene Stück der Berliner Mauer und steht unter Denkmalschutz. Nun entstehen direkt neben dem Mauerabschnitt Luxusbauten.
Degradiert die Baupolitik der Stadt Berlin die East Side Gallery zu einem Gartenzaun für die neuen Gebäude?
Karin Kaper: Senat, Bund und der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg schieben sich seit Jahren die Verantwortung gegenseitig zu. Die Politiker konzentrieren sich auf die offizielle Mauergedenkstätte an der Bernauer Str., die East Side Gallery ist für sie ein Schmuddelkind, viel zu lebendig und unkontrollierbar.
Kunstnürnberg: Wie stehen die neuen Eigentümer bzw. Mieter zu der East Side Gallery? Sehen sie die Problematik oder schmücken sie sich mit einem Stück Geschichte vor ihrem Balkon?
Karin Kaper: Der Investor des Hochhauses ist der berüchtigte Stasispitzel Hinkel aus Zwickau.
Die Tatsache, daß er auf dem ehemaligen Todesstreifen bauen darf, ist eine böse Ironie der Geschichte. Den zukünftigen Besitzern der Eigentumswohnungen ist nur der coole Blick auf die Spree wichtig.
Kunstnürnberg: 2009 wurde die Mauer restauriert, die Bilder wurden neu gemalt und Graffitis wurden entfernt. Es scheint, als wurde die Mauer für Ihre neue Funktion als Vorposten der Wohnkomplexe saniert, um so die Attraktivität der gesamte Wohnlage zu verbessern. Wurde die Mauer „gentrifiziert“ oder war eine Sanierung notwendig? (Hätte man auch saniert, wenn keine Gebäude geplant gewesen wären?)
Karin Kaper: Eine grundlegende Sanierung der Mauer und eine Rekonstruktion der Bilder war 2009 längst überfällig, der Zustand war erbärmlich, das ist unbestritten.
Kunstnürnberg: Wurde die Mauer missbraucht, um den Wohnwert der Gegend in die Höhe zu treiben? Quasi eine kostenlose „Kunst am Bau“?
Karin Kaper: Das Grundstück ist halt zentral und sozusagen ein Filetstück.
Kunstnürnberg: Kann bzw. soll die Mauer noch ihre Wirkung als Denkmal und Kunstort entfalten? Teile der Mauer wurden beispielsweise entfernt um Zugänge zur Baustelle zu schaffen. Es scheint als wäre das Denkmal der Berliner Baubehörde weniger wichtig als die neuen Wohnhäuser. Wäre eine Verlegung der Mauer in ein Museum sinnvoll?
Karin Kaper: Eine Verlegung der Mauer in ein Museum wäre das absolute Ende und eine Bankrotterklärung.
Kunstnürnberg: Gibt es eine Art von Entschädigung seitens der Investoren oder der Stadt Berlin in Form von finanzieller Unterstützung zur Erhaltung der East Side Gallery?
Karin Kaper: Die finanzielle Unterstützung ist im Moment gleich null.
Kunstnürnberg: Der Mauerfall gilt als Symbol der Freiheit. In Kürze steht dieses Symbol im Schatten der Gebäude, die das „neue Berlin“ widerspiegeln. Vergisst Berlin seine Geschichte und wird zu einer Metropole mit austauschbarer, internationaler Architektur, die inzwischen jeden zum Gähnen bringt?
Karin Kaper: Berlin ist auf dem besten Wege, das zu vernichten, was die Stadt doch eigentlich so anziehend macht. Alles aus schnödem Profitinteresse, Geschichte wird verscherbelt.
(Die Interviewfragen wurden schriftlich gestellt und von Frau Kaper ebenfalls schriftlich beantwortet.)
Hier geht es zum Artikel über den Film Berlin East Side Gallery auf Kunstnürnberg.