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Interview mit Dr. Elisabeth Hartung, Leiterin des Projektbüros im Geschäftsbereich Kultur der Stadt Nürnberg

Dr. Elisabeth Hartung, Leiterin des Projektbüros für Kultur in Nürnberg, Foto © Uwe Niklas

Dr. Elisabeth Hartung, Foto © Uwe Niklas

Die neue Leiterin des Projektbüros im Geschäftsbereich Kultur der Stadt Nürnberg, Dr. Elisabeth Hartung, spricht im Interview über die Belebung des öffentlichen Raums durch Kunst. Am 21. September startet das neue Großprojekt „Zukunftsmusik“, das im Areal des ehemaligen Kaufhofs für eine neue Wahrnehmung der Innenstadt sorgen soll.

Dr. Alexander Racz: Frau Dr. Hartung, Sie sind letztes Jahr aus München nach Nürnberg gewechselt. Wie haben Sie sich eingelebt?

Dr. Elisabeth Hartung: Sehr gut. Nürnberg ist eine spannende Großstadt in Bayern mit einer lebendigen Kunstszene und einer Vielzahl an Institutionen, die sich mit den verschiedensten Themen der Kunst und Kultur auseinandersetzen. Dazu gehört auch mein großartiges Team hier im Projektbüro. Der Einstieg in der laufenden Festivalsaison 2023 war rasant. Gleich ging es an wichtige Themen, wie wir die beliebten und einzigartigen Festivals für die Stadt Nürnberg erhalten, ausbauen und neue Projekte für die Entwicklung der Kunst und Kultur im öffentlichen Raum der Stadt Nürnberg etablieren. Meine Vorgänger*innen haben Pionierarbeit geleistet. Jetzt gilt es die Marke „Projektbüro Kultur“ weiter zu stärken, zu gestalten und auch außerhalb der Stadt bekannter zu machen. Ein neues Erscheinungsbild und die neue Webseite www.projektbuerokultur.nuernberg.de sind erste Ansätze dazu. Zu den laufenden Projekten wie der Blauen Nacht oder dem Klassik Open Air kommt nun die von mir initiierte „Zukunftsmusik“ dazu. Kunst wird mit diesem Projekt neue Perspektiven und Impulse in die Innenstadt bringen.

Zukunftsmusik Nürnberg
Zukunftsmusik Nürnberg

AR: Die Nürnberger Innenstadt ist reich an Orten der Kunst, wie dem Neuen Museum, der Kunsthalle oder den Nürnberger Kirchen. Dennoch könnten es aus meiner Sicht mehr große Kunstprojekte im öffentlichen Raum geben. Ich finde, das Projekt „Zukunftsmusik“ ist in dieser Hinsicht etwas Besonderes. Um was geht es in der „Zukunftsmusik“? 

EH: Wir als Projektbüro sehen unser Aufgabenfeld im öffentlichen Raum, im Stadtraum, wo sich unsere Projekte abspielen. Das Gebiet um das leerstehende Kaufhofgebäude unweit der Lorenzkirche schien uns als Ort für ein großformatiges Kunstprojekt ideal. Mit Hilfe einer Förderung des bayerischen Staates aus dem Städtebauprogramm „Innenstädte beleben“ konnten wir unsere Projektidee umsetzen. 

Areal um den leerstehenden Kaufhof, Foto: Stadtarchiv
Areal um den leerstehenden Kaufhof, Foto: Stadtarchiv

Am 21. und 22. September eröffnet „Zukunftsmusik“ mit einer Rauminstallation des international tätigen Architekturkollektivs raumlaborberlin und vielen weiteren künstlerischen Aktionen, Street Art und DJ-Musik rund um den ehemaligen Kaufhof. raumlaborberlin ist bekannt dafür, im öffentlichen Raum neue Situationen zu schaffen und regt zum Nachdenken über Transformationen im alltäglichen Umfeld an. Das Künstlerkollektiv wird einen begehbaren Turm errichten. Zugrunde liegt die Idee eines Förderturms, der Neues ans Licht bringt. Der Standort wird direkt neben dem Kaufhof und unweit des ebenfalls leerstehenden City Points sein. In den folgenden Monaten bekommt der Turm unterschiedliche „Kleider“. Den Anfang macht eine Umhüllung aus Recycling-Kleidern des Künstlers Raul Walch. Zwischen den beiden leerstehenden Kaufhäusern in der Pfannenschmiedsgasse wird es zu Beginn des Projekts auch darum gehen, gesellschaftliche Veränderungen und Wandlungen des Kaufverhaltens ins Bewusstsein zu bringen. Das Kaufhaus hat einfach gegenüber dem Online-Handel an seiner ursprünglichen Attraktivität verloren.

Beispielhafte Darstellung, Gesamtszenerie, raumlaborberlin, Raul Walch
Beispielhafte Darstellung, Gesamtszenerie, raumlaborberlin, Raul Walch

Die nächste Phase des Projekts ab Mitte November 2024 knüpft an Visionen und Utopien an. Schließlich geht es ab März um das Thema Wachstum. Gleichzeitig realisiert raumlaborberlin einen pneumatischen Raum, der 40 bis 50 Leute aufnehmen kann. Der Turm und die Blase sind Orte für den Diskurs über den urbanen Raum Nürnbergs und seine Entwicklung in der Zukunft.

AR: Sie haben bewusst große, bildmächtige Objekte gewählt, die im öffentlichen Raum deutlich wahrgenommen werden. 

EH: Genau, das Wichtige ist mir, dass sich den Menschen in der Innenstadt ein neues Bild eröffnet und neue Räume erfahrbar werden. Dazu braucht es auch große Gesten, um die  Passanten zu überraschen und auch mal auf ihren gewohnten Wegen zu irritieren. Ein Highlight ist der Ausblick vom Turm, der neue Blickwinkel auf die Stadt erschließt. 

3DRendering, raumlaborberlin
3DRendering, raumlaborberlin

AR: Wie lange wird „Zukunftsmusik“ zu erleben sein?

EH: Das Projekt entwickelt sich gerade und wird sich selbst in den nächsten Monaten transformieren. Aktuell nach dem Erwerb des Gebäudes durch die Stadt Nürnberg eröffnen sich auch neue Spielfelder in den Schaufenstern und autarken nach außen offenen Räumen wie den ehemaligen Geschäften oder Anlieferungsbereichen. Die Zielgerade ist dann im Mai, voraussichtlich nach der Blauen Nacht am 17. Mai 2025. Wir hoffen bis dahin gezeigt zu haben, welche wichtige Rolle Kunst und Kunst bei der zukünftigen Nutzung des Gebäudes und der Innenstadt Nürnbergs spielen kann.

AR: Mit dem Erwerb des Kaufhofgebäudes durch die Stadt Nürnberg ergeben sich neue Chancen für die Innenstadt. Welche Rolle spielen Kunst und Kultur bei der Nutzung des ehemaligen Warenhauses?

EH: Dadurch, dass die Stadt Nürnberg nun ab dem 1. Oktober Eigentümerin ist, ergeben sich tatsächlich viele neue Chancen für Kunst und Kultur im Zentrum Nürnbergs. Letztendlich entscheidet das Wirtschaftsreferat über die weiteren Nutzungen des Kaufhofs. Wir können diesen Transformationsprozess mit Kunst und Kultur in die Wege leiten und kommunizieren das auch entsprechend. Es wäre sicher, wie Beispiele anderer Projekte in anderen Städten zeigen, eine win-win-Situation, wenn Kunst und Kultur mitgedacht werden, egal welch Nutzung das denkmalgeschütze Gebäude, ob wirtschaftlich oder gemeinnützig oder beides, bekommen wird. Gerade in der Anfangsphase ist die Bespielung mit künstlerischen Interventionen, Lesungen und Performances relativ einfach umsetzbar. Die Kreativen können mit Bestand gut umgehen, spielen und weiterentwickeln. „Zukunftsmusik“ könnte in diesem Sinne sukzessive auch das Innere des Kaufhofs erobern. Doch jetzt starten wir im öffentlichen Raum und laden alle ein.

AR: Ich bedanke mich für das Interview.

EH: Sehr gerne. Ihr Interesse an der Zukunftsmusik freut uns sehr.


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