Die Zukunft des Quelle Areal Nürnberg steht in der Schwebe. Den Investitionsplänen von Sonae Sierra stellt sich Wir kaufen die Quelle e.V. entgegen und möchte mit der größten Crowdfunding-Aktion Deutschlands 25 Millionen Euro sammeln, um die Quelle zu kaufen.

Das Quelle Areal Nürnberg heute und in der Zukunft
Hier geht’s zum Teil 1 über die Geschichte der Quelle und die Architektur des Quelle – Versandzentrums an der Fürther Straße in Nürnberg.
- Adresse: Fürther Straße 205-215, 90429 Nürnberg
- Bauzeit: Quelle-Versandzentrum 1955-1958 (Nebengebäude bis in die 1960er Jahre)
- Architekt: Ernst Neufert
- Bauherr: Gustav Schickedanz
- Fläche: 256.000 Quadratmeter
Die Kulturbloggerin Tanja Praske hat eine Blogparade mit dem Titel “Mein Kultur-Tipp für Euch” gestartet und alle Blogger aufgefordert, sich zu beteiligen. Ich nehme die Aufforderung gerne an und berichte über das Quelle Areal Nürnberg, die zweitgrößte, leerstehende Immobilie Deutschlands und ein künstlerischer Hotspot in Franken.
In Teil 1 lege ich die Basis für ein Verständnis der heutigen Situation auf dem Quelle Areal Nürnberg. Die Geschichte des Quelle – Konzerns und die Architektur des Quelle – Gebäudes werden besprochen.
Teil 2 beleuchtet den status quo des Quelle Areals Nürnberg und gibt einen Ausblick auf die Entwicklung der Kunst an diesem wichtigen Ort in Nürnberg.
Das Quelle Areal Nürnberg heute und seine Bedeutung für die Entwicklung der Kunst
In Folge der Quelle Insolvenz haben sich Künstlerinnen und Künstler im leerstehenden Gebäude wegen den günstigen Mieten und dem riesigen Platzangebot niedergelassen.
Das ist schon deshalb beachtenswert, weil quasi in Sichtweite des Quelle Areals genau derselbe Prozess, im leerstehenden AEG – Gelände, vor einigen Jahren zu beobachten war.
Das AEG-Gelände – Ein Paradebeispiel der Umnutzung leerstehender Immobilien. Vom Kunstort zum Technik- und Energie Hotspot

Auf dem ehemaligen AEG-Gelände ließ sich im Zuge der postindustriellen Transformation 2008 die Kultureinrichtung Zentrifuge nieder. Vom Art Magazin vor Kurzem noch als SzeneTipp gelistet, musste die Zentrifuge 2014 ihre Räume verlassen und hat nun neue Räume in der Nürnberger Innenstadt bezogen. Mit der Zentrifuge siedelten sich auch viele Künstler in den ehemaligen AEG – Räumen an. Es kam zu legendären Kunstparties während dem alljährigen Kunstevent Offen Auf AEG.
Parallel siedelten sich auch innovative Technologien und Energieunternehmen im riesigen Gelände an. Erst vor einigen Wochen wurde beschlossen, auf dem AEG – Gelände ein Uni- und Forschungszentrum mit bis zu 5000 Studien- und 850 Arbeitsplätzen der technologie-orientierten Fachrichtungen einzurichten.
Zunächst sind dies, ausgenommen der Schließung der Zentrifuge, gute Neuigkeiten und das AEG – Gelände ist ein Paradebeispiel dafür, wie leerstehende Industriebauten neu genutzt werden können.
Für die Künstlerinnen und Künstler bedeutet die Entwicklung aber etwas anderes. Höhere Mieten, wirtschaftlich relevantere Nachbarn und ein Unicampus direkt vor der Tür. Die Kunst wurde Auf AEG in die Ecke gedrängt. Wenn heute vom AEG Gelände gesprochen wird, geht es seltener um Kunst, sondern um Technologie, Energie und Studenten.
Andererseits bekam Auf AEG mit der Akademie Galerie, einer Dependance der Akademie der Bildenden Künste Nürnberg, eine wichtige Anlaufstelle für zeitgenössische Kunst.
Die Zukunft der AEG – Künstler scheint vorprogrammiert: Sie werden ihre Ateliers räumen und die Fürther Straße überqueren, um im Quelle Areal neu zu beginnen, was auch der Nürnberger Baureferent Daniel Ulrich vermutet.
Dies haben übrigens schon viele getan und fanden in der Quelle ein kreatives Zentrum in hervorragender Lage, wie die Sommerkollektion, die jährliche Ausstellung der Quellekünstler, beweist.

Des Weiteren eröffnete im Quelle Areal, ebenfalls vom Quellkollektiv e. V. das Heute:_ Raum für Kunst und Kultur. Im Heute:_ werden u.a. im ein- bis zweiwöchigen Wechsel Kunstausstellungen von präsentiert.
Wem Gehört das Quelle – Areal und wer will es kaufen?
Der Portugiesische Investor Sonae Sierra
Das Quelle Areal Nürnberg gehört einer Bank und wird von einem Insolvenzverwalter betreut. Im September 2013 wurde es an den portugiesischen Investor und Immobilienentwickler Sonae Sierra verkauft. Der Kaufvertrag wurde notariell geschlossen, jedoch noch nicht ausgeführt. Er kann erst vollzogen werden, sobald einige aufschiebende Bedingungen erfüllt sind.
Geplant ist, ein Einkaufszentrum, Kleingewerbe, Büroräume und Wohnräume (auch für Stundeten), Gastronomie und Hotels, einzubauen. Auch für Künstler soll es Räume geben. Die Quelle soll saniert werden und Lichthöfe sollen in die 45 bis 60 Meter breiten Räume gebrochen werden.
Ein Nebenareal des Gebäudes mit Parkplätzen hat die Fürther Baufirma Georg Schenk bereits gekauft, um dort ebenfalls Wohnungen zu errichten.
Jedoch hat sich seit dem letztem Jahr wenig getan. Man munkelt bereits die Portugiesen seien weniger glücklich mit dem Kauf und es kommt deshalb nicht zum Abschluss. Ein Blick auf die Pressemitteilungen der letzten zwei Jahren auf der Webseite von Sonae Sierra macht deutlich, dass die Quelle kein wichtiges Thema der Firmenpolitik ist. Sonae Sierra sucht weiterhin nach Kooperationspartner, die sich der Bereiche Wohnungsbau, etc. annehmen, während Sonae Sierra nur ein Einkaufszentrum in der Quelle schaffen möchte.
Wir kaufen die Quelle e.V.
Einige Mitglieder des Quellkollektiv e.V., dem Verein der im Quelle Areal arbeitenden Künstler und Kreativen, gründeten den Verein Wir kaufen die Quelle e.V.
Im Quelle Areal soll “eine lebendige ‘Stadt in der Stadt'” entstehen. Mit deutlichen Worten fordert der Verein alle Interessierten zur Mitgestaltung auf:
Wir werden ein Crowdfunding astronomischen Ausmaßes ins Leben rufen um sage und schreibe 25 Millionen Euro zu sammeln. Die sollen als Startkapital für den Erwerb, den Betrieb und erste Sanierungsarbeiten dienen.
Das können wir nur mit euer aller Hilfe schaffen. Das bedeutet wir brauchen Dich! Wir brauchen Spenden, viele Spenden, aber nicht nur das.
Alle sind eingeladen konkrete Projekte zu planen und durchzuführen. Wir müssen uns großflächig vernetzen und für unsere Idee eintreten. Nur so kann es uns gelingen auch den politischen Willen auf unsere Seite zu bekommen.
Jeder, der Ideen hat, was er oder sie in “der Quelle” verwirklichen könnte, ist eingeladen uns mit Tatkraft zu unterstützen. Egal ob ihr uns in Verwaltungsdingen helfen könnt, handwerklich geschickt seid oder sonst wie beitragen wollt. Die Quelle lebt von ihrer Vielfalt!
Es ist ein Wettbewerb der Ideen, eine offene Quelle an Wissen. Eine gemeinsame Vision. Eine konkrete Utopie von Freiheit und Gemeinschaft im Einklang mit der Umwelt. Lasst uns gemeinsam Verantwortung für unsere Zukunft übernehmen!”
(Quelle: Wie werden wir das schaffen?)
Quelle Sommerkollektion 2013 – ein Kreativ-Fest im ehemaligen Versandzentrum from lukasseite on Vimeo.
Es geht uns aktuell primär darum ein klassisches Forum zu schaffen, ein Sprachrohr der interessierten Gesellschaft. Unsere Plattform ermöglicht so die konkrete (stadt-) planerische Auseinandersetzung mit dem Quelle-Areal und zwar offen zugänglich.
In einer zukünftigen Nutzung als “Stadt in der Stadt”, als gut zu organisierendes und sicherlich auch verwaltungsmäßig überaus anspruchsvolles Gemeingut, sehen wir eine Zukunft für das Ensemble Quelle.
Über eine Verwertung als reines Investitionsobjekt hinauszudenken ist unsere Aufgabe. Herausforderungen liegen darin, nicht wenige starke Investoren mit Renditeversprechen zu überzeugen, sondern eine sehr große Anzahl engagement-bereiter Individuen BRDweit und international für ein Modellvorhaben zu gewinnen, dass für ein soziales und im besten Sinne nachhaltiges städtisches Miteinander steht.Und dies in Zeiten, da jeder Euro definitiv auch in Projekte gut investiert ist, die existentielle Nöte und Leiden verhindern helfen.
Wem gehört also die Stadt, welche Verantwortung entsteht daraus, wo streiten sich die besten Volkswirte der Welt, was sagt unser Grundgesetz, unsere Verfassung dazu, was hilft es mittelfristig unserer Welt, wenn in Nürnberg, immerhin Stadt der Menschenrechte, Formen des Zusammenlebens erprobt, erforscht und exportierbar gemacht werden?” Chris von Wir kaufen die Quelle
(Quelle: Facebook Wir kaufen die Quelle)
Könnte man sich beispielsweise vorstellen ein Restaurant, eine Werkstatt, Büroräume, Firmenräume, etc. in der Quelle zu eröffnen, dann sollte man Wir kaufen die Quelle beitreten und seine Wünsche vorbringen.
Das Quelle Areal Nürnberg als Chance für die Kunst

Eine Verdichtung von Künstlern an einem Ort fördert immer die Entwicklung der Künstlerpersönlichkeiten und deren Kunst. Das beweist die Kunstgeschichte: ob im Florenz der Medici, Nürnberg in der Dürerzeit, Pariser Künstlerviertel Anfang des 20. Jahrhunderts oder der Leipziger Schule.
Das Quelle Areal Nürnberg bietet perfekte Vorraussetzungen, um Nürnberg zu einem wichtigen Kunsthotspot zu machen. Nürnberg als Kunststadt mit langer Tradition, dem Neuen Museum, der Akademie der Bildenden Künste, Kunsthalle und Kunstverein und einer Vielzahl an Galerien bietet ein hervorragendes Umfeld.
Die Quelle verfügt über unvorstellbar viel Platz und große Räume – ideal für raumgreifende Installationen und Skulpturen, große Leinwände und Performances. Und das bei günstigen Mieten, was ein wichtiges Kriterium ist, um viele (auch internationale) Künstler anzulocken. Die Quelle vereinigt in einem einzigen Gebäude viele Qualitäten, die beispielsweise Berliner Stadtviertel nach dem Mauerfall aufwiesen. Dies führte nach 20 Jahren zu einer der spannendsten Kunstszene der Welt in der Hauptstadt.
Dieses Künstlerdorf könnte man sich wie einen Stadtteil, der von Wir kaufen die Quelle gedachten “Stadt in der Stadt”, denken.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass sich das Quelle Areal Nürnberg zu einem Kunsthotspot entwickeln könnte, falls man die richtigen Entscheidungen trifft und die Bevölkerung das Potenzial der Quelle-Immobilie für die Entwicklung der Stadt und der Region erkennen würde.
Lieber Alex,
oha, das ist ein spannender zweiter Teil – wow! 25 Mio per Crowdfunding aufzubringen ist eine fette Hausnummer, aber auch ein dickes Lob wert für diesen couragierten Einsatz pro Kultur.
Über die Aktion, sobald sie startet, wirst du bestimmt häufiger berichten, oder? Ich drücke die Daumen, dass das klappt und die Kunst eine Chance erhält.
In München werden brachliegende Kaufhäuser, Gewerbeimobilien interrimsmäßig auch immer wieder von Kunst bespielt (Hertiekaufhaus, Art Babel). Anschließend, wenn die Nutzung geklärt ist, ziehen diese Initiativen weiter.
Vielen Dank für die samstagliche Lektüre!
Herzlich,
Tanja